Verträge, Gesetze, Verordnungen

von und mit der Stadt Magdeburg

Hier werden Verträge, Gesetze, Schreiben an die Stadt und ähnliches in loser Reihenfolge aufgeführt. Diese stehen alle im Zusammenhang mit Magdeburg und haben sicher in nicht geringem Maaße das Leben der damaligen Bewohner beeinflußt.

Die vorgefundene Schreibweise wurde beibehalten, dadurch ist manches schwerer zu lesen,

Die Belagerung

Als im Jahre 1313 in der Stadt ein Aufstand gegen den Erzbischof Burchard III. gab und die Stadt in Bann gelegt wurde, kam es durch den nach Kalbe geflohenen Erzbischof und seinen Bundesgenossen zur Belagerung der Stadt. Die Dörfer der Umgebung wurden durch den Erzbischof befestigt, er selber hielt sich mit seinen Verbündeten im Lager bei Ottersleben auf. Dorthin entsandten die Bürger von Magdeburg täglich einen Boten, der den Belagerern ausrichten musste, das man mit der Belagerung keineswegs unzufrieden sei. Vielmehr wurde das Angebot unterbreitet, Lebensmittel und andere Vorräte den Belagerern zur Verfügung zu stellen, fall es diesen daran mangele. Man wollte das Erforderliche dann zu den üblichen Marktpreis liefern.

Einer der Bundesgenossen des Erzbischof, der Markgraf von Meißen, erbat sich beim Rat die Erlaubnis zur Besichtigung der Stadt. Dies wurde ihm, bei Zusicherung des freien Geleits, gestattet. Als der Gast mit allen Ehrenbezeugungen empfangen und aufs beste bewirtet wurde, zeigte er sich enttäuscht von den Schilderungen des Erzbischofs und zog bald darauf mit den übrigen Bundesgenossen von der Stadt ab und die Belagerung wurde aufgehoben. 

Nun begannen die Bürger der Stadt Ausfälle in die Umgebung zu unternehmen und Steuern von den Dörfern einzufordern. Die Bauern aber, die vom Erzbischof mit einem Verbot belegt waren, scheuten sich die Forderungen der Magdeburger zu befolgen. Stattdessen brachten sie die Lebensmittel ins Lager nach Ottersleben und überließen den streitenden Parteien selbst die Abholung. Die Magdeburger kamen alsbald mit 70 Wagen angefahren und holten sich das aufgeschüttete Getreide ab ohne das der Erzbischof Einwände dagegen machen konnte. 

Trotz allem soll die Belagerung der Stadt einen Schaden von 7.000 Mark Silber gekostet haben.

Nach: F. A .Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart

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Die Hostien

Die Schöppenchronik des Jahres 1315 berichtet das sich im Paulinerkloster des Nachts ein Einbruch ereignete. Dabei wurde eine Büchse mit geweihten Hostien gestohlen. Der Dieb hatte die Absicht sie in der Petrikirche abzulegen, ist jedoch davon abgekommen und habe sie am Maria- Magdalenenkloster in den Rinnstein geworfen. Als darauf ein von der Elbe kommender Wagen an der Stelle vorbeifahren wollte, hätten die Pferde gescheut und der Kutscher und ein hinzukommender Müller haben die Hostien gefunden. An der Stelle des Fundes wurde zur Sühne der Tat die Fronleichnamskapelle gegründet.

Der später gefasste Dieb wurde hingerichtet.

Nach: F. A. Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart

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Die Bulle des Papst Johannes XXII.

vom 30. Juni 1331

Um die Aufhebung des Bannes und des Interdikt zu erreichen, musste die Stadt folgende Bedingungen erfüllen 

- Über dem Gefängnis, in welchem Burchard III. erschlagen war, soll von der Stadt eine Kapelle, dem Evangelisten Matthäus gewidmet, erbaut und an derselben ein eigener Priester auf kosten der Stadt angestellt werden

- In der Domkirche sollen zu Seelmessen für den erschlagenen Bischof fünf Altäre gestiftet und die dabei angestellten Priester von der Stadt besoldet werden

- diejenigen Bürger, welche zur Zeit der Ermordung des Erzbischofs im Rate gesessen sollen von der Absolution ausgeschlossen und die Lossprechung der selben dem Papst unmittelbar vorbehalten bleiben

- die Stadt soll dem Erzbischof Otto und künftig jedem neugewählten Bischof, sobald er das Pallium empfangen, den Huldigungseid leisten

- jeder einzelne Bürger soll sich die ihm etwa besonders aufzulegende Buße gefallen lassen und wer sich diesen voraufgeführten Bedingungen widersetze, soll mit den verbannten in gleiche Strafe verfallen

Nach: F. A. Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart

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Vertrag zwischen der Stadt Magdeburg und dem Erzbischof Ernst

vom 21. Januar 1497

Vorbemerkung

Das Vertragsinstrument hat leider eine recht unglückliche Fassung; in den 19 Paragraphen, die es enthält, sind in ganz unlogischer Weise die verschiedenartigsten Sachen durcheinander geworfen, wodurch das Verständnis der wichtigen Urkunde ungemein erschwert wird. Der wesentliche Inhalt, nach der materiellen Zusammengehörigkeit der einzelnen Festsetzungen übersichtlich geordnet, ist folgender:

I. Das Staatsrechtliche Verhältnis der Altstadt zum Erzbischof und dem Erzstift.

(§ 16, 11, 14, 17)

1.) Der Erzbischof verspricht, die Stadt bei ihren hergebrachten Rechten, insbesondere bei der freien Wahl des Rates zu belassen. Dem § 16 sind die schon in dem Vertrage von 1486 enthaltenen Reverse des Rates und des Erzbischofs wieder einverleibt; in dem ersteren erkennt die Stadt den Erzbischof als ihren Oberherrn an und verspricht ihm gehorsam zu sein und zu dienen, so weit sie dazu rechtlich verpflichtet ist, ("als wir von rechte zu thun pflichtig sein") ihm auch im Kriegsfalle Hilfe zu leisten.  

2.) In der Ratsverfassung soll eine Aenderung insoweit eintreten. daß die bisher ausgeschlossenen Wechsler fortan auch in den Rat und zu anderen städtischen Aemtern gewählt werden können.

3.) Die Ansprüche auf die Mühle und das Dorf Gübs (Gubitz) läßt der Erzbischof fallen.

4.) Die Aufsicht über die Hospitäler St. Annen, Gertrud und Georgii übt der Erzbischof in der Weise, daß er die Hospitalrechnungen alljährlich vom Prior der Prediger oder dem Prior der Barfüßer revidieren und die von diesen gezogenen Erinnerungen dem Rate zur Erledigung zugehen läßt, zeigt sich der Letztere säumig, so soll dem Erzbischof Anzeige gemacht werden, welcher sich die weiteren Maßnahmen vorbehält; es ist hierüber zwischen dem Erzbischof und dem Rat noch ein besonderer Vergleich abgeschlossen.  

II. Die Gerichtsbarkeit

(§ 1, 2, 3, 4, 6, 7, 15)

1.) Fremde können in der Altstadt nur dann verklagt oder ihre Güter mit Beschlag belegt werden, wenn sie hierselbst Handel getrieben, Verträge geschlossen, Gesetzwidrigkeiten begangen oder hier Zahlung zu leisten mündlich oder schriftlich versprochen haben. Erzbischöfliche Vasallen sollen in solchen Fällen beim Erzbischof verklagt und nach sächsischen Recht gerichtet werden; erfolgt aber von diesen binnen Jahresfrist keine Entscheidung, so tritt die Zuständigkeit des städtischen Gerichtes ein. Dieses erkennt nach dem Heimatrecht des Fremden, vorausgesetzt, daß das fremde gericht gegen Magdeburger nach Magdeburgischen Recht erkennt, geschieht dies nicht, so wird bei Fremden nach Magdeburgischen Recht entschieden.

2.) Dem Erzbischof als Burggrafen steht die obere und niedere, vom Möllenvoigt zu handhabende Gerichtsbarkeit zu:

a.) auf dem neuen Markte und demjenigen Theile der Altstadt, in welchen sich der Bezirk der Ambrosiuskirche hineinerstreckt. Die Grenzen des neuen Marktes gegen die Altstadt werden im Vertragsinstrument genau beschrieben; die Häuser einiger Geistlicher, die nicht auf dem Neuen Markt liegen, stehen unter erzbischöflicher Gerichtsbarkeit, wenn aber Uebelthäter nach vollbrachter That auf altstädter Gebiet übergetreten sind, so fällt die Bestrafung derselben den städtischen Gericht zu. Begehen städtische Bürger auf dem Neuen Markt Uebelthaten, ohne auf handfester That ergriffen zu sein, so sollen sie auf Erfordern vom Rat an den Möllenvoigt ausgeliefert werden, der dann gesetzlich gegen sie zu verfahren hat. Während der Herrenmesse verbleibt dem Rat der Altstadt auch auf dem neuen Markt die obere und niedere Gerichtsbarkeit gemäß den Erichschen Verträgen;

b.) auf der großen Elbe und dem jenseitigen Ufer, jedoch unbeschadet den Bürgern an ihrem Eigentum und ihren Gerechtsamen an der Fischerei, dem Werder, an Gras und Weide.

3.) Dem Rat steht die obere und niedere Gerichtsbarkeit (außer in der Altstadt und auf dem neuen Markt während der Herrenmesse) zu: auf der kleinen Elbe, dem Marsch, der großen und kleinen Elbbrücke, im Zollhause und auf dem Lande bis zum Brunnen am Zollhause, diesen eingeschlossen. Jeder Erzbischof hat bei seinen Amtsantritt den Rat mit dieser Gerichtsbarkeit unentgeltlich, wie mit den übrigen Lehngütern zu belehnen, d. h. natürlich, der Erzbischof in seiner Eigenschaft als Burggraf hat den Erichschen Verträgen gemäß den vom Rat ernannten Schultheiß zu bestätigen, denn die Gerichtsbarkeit im eigentlichen Sinne hat der Erzbischof nie besessen, sondern nur das Recht den Voigt zu ernennen.

4.) Die erzbischöfliche Dienerschaft untersteht in bürgerlichen und peinlichen Klagesachen ausschließlich dem Erzbischof; die Dienerschaft der Prälaten, Domherren und Vicarien dem Voigt oder den Offizialen der domkapitularischen Behörden nach den näheren Bestimmungen der Vertragsurkunde. Falls der Gegenstand der Klage in der Zeit vor dem Eintritt in das geistliche Dienstverhältnis fällt, so ist allein das weltliche Gericht zuständig.

5.) Klagen der Bürger, welche beim Erzbischof eingehen, wird dieser, wenn sie der geistlichen Behörde zustehen, dem Domkapitel bzw. dessen Offizialen, und wenn sie dem weltlichen Gericht unterliegen, dem Schultheißen und Schöffen zugehen lassen und Appellationen nur in dem Falle annehmen, daß der Nachweis einer Rechtsverweigerung geführt ist, und dann die Sache selbst entscheiden oder einen anderen unparteiischen Richter überweisen; auch sollen über das Verfahren in Appellationen besondere Bestimmungen und für böswillige Appellationen Strafen festgestellt werden.

6.) Die vom Möllenvoigt in seinen Gerichten Verfesteten, Verwiesenen und Geächteten sollen in der Altstadt und umgekehrt die im städtischen Gericht Verfesteten, Verwiesenen und Geächteten auf dem neuen Markt, in der Sudenburg und Neustadt nicht geduldet, und wenn sie sich an den verbotenen Orten treffen lassen, auf Antrag bzw. vom Möllenvoigt oder vom städtischen Gericht bestraft werden; dem Möllenvoigt und in gleicher Weise dem Schultheißen steht es frei, den Verurtheilten auf ein oder zwei Tage freies Geleit nach dem verbotenen Ort zu erteilen.

III. Die öffentlichen Bauten

(§ 5, 9)

1.) Mit dem Graben auf dem neuen Markt soll der Rat der Altstadt nichts mehr zu thun haben; das Schmutzwasser soll aber nur mit Wissen und Willen des Rates in den Stadtgraben abfließen dürfen.

2.) Der Erzbischof behält für sich und seine Nachkommen, für seine Dienerschaft und für seine verwandten den Ein- und Ausgang durch den Möllenhof, den roten Turm und den Bergfried zu Fuß und Roß, bei Tag und bei Nacht vor; wegen der Anstellung des Turmwächters verbleibt es bei den bestehenden Verträgen (mit Erzbischof Günther und dem Vertrag von 1486). Bauten an diesen Türmen und am Graben unterm Bergfried dürfen nur unter beiderseitiger Zustimmung des Erzbischofs und des Rates vorgenommen werden; mit dem Eingang vom erzbischöflichen Hofe nach dem Möllenhofe, mit dem Thor und der neuen Pforte soll es bei dem jetzigen Zustande sein Bewenden behalten; die anderen Türme, Thore, Graben und Mauern soll mit Zustimmung des Domkapitels die Stadt zu ewigen Zeiten innehaben, bauen, behüten und in baulichen Stande unterhalten. Neubauten daran dürfen ohne Zustimmung des Erzbischofs nicht vorgenommen, die Befestigungen von der Neustadt nach dem Ulrichsthor aber dürfen fortgesetzt werden. Mit dem Tatarenturm und der Herrenpforte soll es den bestehenden Verträgen gemäß gehalten werden. Den Graben neben den roten Turm soll der Rat ausfischen können, die Hälfte des Fanges aber an den Erzbischof abliefern. Bauten auf der großen und kleinen Elbe, welche den Lauf des Wassers hemmen, darf der Rat ohne Wissen des Erzbischofs nicht vornehmen, ausgenommen solche, welche die Befestigung des Ufers und zur Unterhaltung der Eisbrecher und der Brücken, die auch aus Stein gebaut werden dürfen, nötig sind; sie dürfen sich aber nur 3 bis 4 Ellen in den Fluß hinein erstrecken. 

IV. Marktverkehr, Handel und Gewerbe

(§ 18, 19, 10)

1.) Mit dem Marktrecht, der Niederlage und der Kornverschiffung soll es bei den Bestimmungen des mit dem Erzbischof Friedrich abgeschlossenen Vertrages verbleiben, dieser Vertrag auch auf die auf den neuen Markt wohnenden weltlichen Personen ausgedehnt werden. Die Beseitigung des Krams auf dem neuen Markt bleibt dem Erzbischof überlassen.

2.) Der Weinkeller und die Schänken des Domkapitels bleiben bestehen, doch wird es dem Rat erlaubt, den Bürgern der Altstadt bei Strafe zu verbieten, dort Getränke zu kaufen. Wein und Bier, welches Geistliche für ihren Hausbedarf hierher oder nach Gattersleben führen lassen, bleibt von Zoll und Wegegeld frei.

3.) Zu den bisherigen in der Altstadt abgehaltenen Märkten verleihet der Erzbischof am Schluß der Vertragsurkunde noch zwei neue und zwar auf je drei Tage am Montag, Dienstag und Mittwoch nach Fronleichnam und an denselben Tagen nach dem Sonntag Sexagestimä; dafür verehrt die Stadt dem Erzbischof 6666 rheinische Gulden.

V. Zinse, Zölle und Wegegeld

(§ 13, 12, 8)

1.) Die Bürger bleiben von ihren eigenen ein- und ausgeführten Gütern gegen Ausstellung des im Vertrage von 1486 vorgeschriebenen Zertifikates von Zöllen frei; fälschlich ausgestellte werden mit dem vierfachen Betrage des umgangenen Zolles bestraft.

2.) Betreffs des Brückgeldes und der Wegepfennige bleibt es bei den mit den Erzbischöfen und dem Domkapitel abgeschlossenen Verträgen; die bisher befreiten Dörfer haben auch ferner kein Wegegeld zu zahlen, nicht minder sollen alle mit dem Material für den Dombau (Steinen, Holz, Kalk ec.) beladenen Wagen vom Brückengelde frei sein.

3.) Von viertehalb Faß Eindecker oder Zerbster Bier und von sieben Faß anderen ausländischen Bier soll der Rat einen rheinländischen Gulden Zinse nehmen, ausgenommen ist jedoch das Bier, das in anderen erzstiftischen Städten und Dörfern gebraut und in Magdeburg verschänkt wird. Von einem Wispel Korn sollen acht Pfennige, von Kaufmannsgütern aber die alten Sätze, nämlich von einem Ballen der Niederlage 8 Pfennige, von einem Schin Eisen 8 Pfennige, von einem Terlin Tuch 10 Pfennige, von einer Tonne 2 Pfennige, von einer großen Tonne 3 Pfennige, von einem Zentner Blei 1 Scherf, von einem Zentner Zinn 2 Pfennige erhoben werden. Diese Sätze sollen ohne Zustimmung des Erzbischofs und des Domkapitels vom Rat, der sich darüber besonders zu reversieren hat, nicht erhöhet, auch andere Güter nicht mit Abgaben belegt werden. Der desfalls vom Rat ausgestellte Revers trägt dasselbe Datum wie das Vergleichsinstrument selbst.

4.) Die Nutzung des Grases und der Niederlage auf dem Marsch soll den Bürgern wie bisher gegen eine an den Rat zu zahlende Abgabe freistehen, für 60 Schock Brennholz können sechs Pfennige, von einem Floß 1 Schock Delen oder Bretter und von einem Mühlstein 1 Pfennig erhoben werden. Zwischen Ostern und Pfingsten hat der Rat auf dem Marsch ein Gehege zu halten, damit dort nach alter Gewohnheit das Pfingstfest gefeiert werden kann; erst von Mittwoch nach Pfingsten an steht den Bürgern, arm und reich, die Benutzung des Marsches offen.

aus F.A. Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg, Seite 80 bis 82

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Luxusverordnung des Rates der Stadt Magdeburg 

vom 01.Februar 1505

Nach dieser Verordnung sollen bei Verlöbnissen vom Bräutigam und der Braut nicht mehr als 10 Personen geladen und diese sollen nur mit Bier, Wein und Kuchen bewirtet werde. Süße und wälsche (?) Weine, Regalzucker und Konfekte sollen bei 2 rheinischen Gulden Strafe nicht vorgesetzt werden. Bei Abendmahlzeiten am Verlobungstage sollen außer den Eltern des Brautpaares und den Personen im Hause nicht mehr als acht männliche und acht weibliche Gäste geladen werden bei Strafe eines Gulden für jede mehr geladene Person.

Zu den Mahlzeiten am Hochzeitstage dürfen (bei großen und ganzen Hochzeiten) insgesamt nicht mehr als 72 Personen, einschließlich der bei der Festfeier tätigen Teilnehmer, geladen und bewirtet werden. Speisen außer Haus zu verabreichen ist verboten. Fremde Gäste, welche am Tage nach der Hochzeit noch bleiben, können noch bis zu ihrer am nächsten Tage erfolgenden Abreise bewirtet werden. 

Für jede über 72 geladene Personen ist eine Strafe von 50 Magdeburgischen Pfennige zu erlegen. Die Braut darf 14 Tage vor und 8 Tage nach der Hochzeit außer den ihrem oder des Bräutigams Hause gehörigen Jungfrauen nicht mehr als zwei Paare andere um sich haben bei Strafe von 3 rheinischen Gulden. Das bisher üblich gewesene Spazieren am Tage nach der Hochzeit ist bei 10 Mark und alle Festlichkeiten 4 Wochen vor und 4 Wochen nach der Hochzeit sind bei 3 Mark Strafe verboten.

Bei Hochzeiten sollen außer dem Mus und Reisbrei nur drei einfache Gerichte und nur rheinische, fränkische oder andere geringe Weine und beliebiges Bier, aber keinerlei süßen Weine gereicht werden. Ein vom Bräutigam dem regierenden Bürgermeister einzureichendes Verzeichnis der geladenen Gäste wird vom Rat geprüft und es werden für jede überzählige Person 50 Pfennig und für jeden verschwiegenen Gast ein Gulden Strafe eingezogen.

Die goldene Kette, welche der Bräutigam der Braut schenkt, soll nicht über 40 rheinische Gulden, die Borte mit dem Silberwerk und allen Beschlage nicht über 10, die Spange nicht über 22 Gulden kosten bei 5 Gulden Strafe; der goldenen Verlobungsring soll nicht über 6, der Trauring ohne die Steine nicht über 7 Gulden Wert haben bei 3 Gulden Strafe. Die silbernen vergoldeten Ringe sollen nicht über 3 rheinische Gulden kosten. Das übliche gegenseitige Geschenkgeben unter den Gästen wird bei 3 Gulden Strafe verboten; Dienstboten Geschenke zu geben, ist gestattet. Jungfrauen, welche Spangen zur Ausstattung erhalten, sollen nur einen bespangten Rock haben und das Heft samt den Spangen nicht über vierteleinhalb Mark Silber wiegen bei 10 rheinischen Gulden Strafe. Jungfrauen, deren Väter zu den Innungen gehören oder sich zu ihnen halten, dürfen auf ihren Kleidern, an Rosenkränzen u.s.w. nicht über 2 Mark Silber tragen. Dienstmädchen oder Jungfrauen deren Vätern keiner Zunft oder Innung angehören, und alle unehelich Geborenen dürfen nicht über 1 Mark Silber an sich tragen bei 2 Gulden Strafe.

Zur Einkleidungsfeier einer Nonne sollen nicht mehr Personen als zu einer gewöhnlichen Hochzeit geladen werden; für jede Person darüber werden 50 Pfennige gezahlt; bei fünf Gulden Strafe dürfen den geladenen nicht mehr als zwei Gerichte gegeben werden.

Bei Kindstaufen darf den Paten und übrigen Geladenen nur rheinischer, fränkischer oder gewöhnlicher Landwein oder Bier vorgesetzt werden. Zum Kirchgang der Wöchnerinnen dürfen nicht mehr Personen geladen werden, als an einem viereckigen Tisch Platz haben und dürfen diese bei 1 Gulden Strafe nur mit den genannten Weinen und Bier bewirtet werden. 

Nach: F. A. Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart

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Bürgereid

vom 11.August 1524

 "Ich glaube und schwöre, dem Rate zu Magdeburg treu, hold und gehorsam zu sein, des Rates und der Stadt Bestes zu wissen, ihren Schaden und Vermögen zu wehren und zu bewahren, da auch dem Rate oder der Stadt durch Abschaffung der Messe und des angenommenen Evangelii halber, wie es jetzt lauter und rein gepredigt wird, Not entstände, mit allem Vermögen Leibes und Gutes, weil ich ein Bürger bin, mich gehorsamlich und treu will finden lassen. So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium! 

Nach: F. A. Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart

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Vergleich zwischen der Stadt Magdeburg und dem Domkapital

am 14.August 1525

durch die Grafen Hoyer, Gebhard und Philipp von Mansfeld und Heldrungen, Balthazar von Barby und Mühlingen, Jobst von Reinstein und Blankenburg nebst zehn anderen, aus den Prälaten und der Ritterschaft beider Stifte [Magdeburg und Halberstadt] gewählten Kommissarien ratifiziert 

Artikel 1.) Sämtliche, gegenwärtig vermauerte Gassenlöcher hinter den Häusern der Geistlichkeit sollen bis an das Ulrichsthor hin wieder hergestellt werden, jedoch so, daß weder die Ringmauer noch die Sicherheit der Stadt darunter leidet. Die bei Vorbauung und Erhöhung der Stadtmauer verloren gegangenen Thüren und Fenster jener Häuser bleiben aber geschlossen.

Artikel 2.) Die Krambude am Neuen Markte wegzunehmen oder nicht, steht in des Erzbischofs Belieben, doch darf sie weder vergrößert noch eine neue dazu gebaut, auch nichts darin verkauft werden, was den Privilegien der Innungen und der Stadt entgegen.

Artikel 3.) Mit den Untergerichten zwischen den Thoren, Pforten und den Gemächern darin bleibt es bei den Bestimmungen der älteren Verträge.

Artikel 4.) Weltliche Personen, die in geistlichen, zur Altstadt gehörigen Häusern ihre Wohnung haben, zahlen von ihren weltlichen Gütern, wenn sie nicht mit dem Rate ein Abkommen treffen, ins künftige Schoß.

Artikel 5.) Geistliche entrichten hinfort eine jährliche Abgabe von ihren unfreien, im Bürgerrechte belegenen Häusern und dürfen, wie vor alters, im Weigerungsfalle ausgepfändet werden. Auch soll kein Kleriker mehr als ein Haus besitzen.

Artikel 6.) Liegende Gründe, standeigene und verbriefte Güter im Weichbilde der Altstadt belegen, dürfen, den bestehenden Verträge zufolge, nur vor den Ratsgerichten ausgelassen, empfangen und verändert werden, doch unbeschadet den ehrlichen Herren an ihren Lehen und Zinsen.

Artikel 7.) Den Geistlichen und ihrem Gesinde ist nicht erlaubt, bürgerliche Nahrung und Hantierung zu treiben. Kontravenienten werden auf die vom Rate oder der verletzten Innung erhobene Klage in Strafe genommen. 

Artikel 8.) Kein Teil soll die von dem anderen Verfesteten oder Verwiesenen in seinem Gerichtsbezirke hegen und dulden.

Artikel 9.) Hinsichtlich der Rechtsforderungen und Rechtshülfe des Adels und der Bürger bleibt es bei den Bestimmungen der älteren Verträge.

Artikel 10.) Den Magdeburgern wird die ihnen teils von dem jetzigen Erzbischofe teils von dessen Vorgänger Ernst entzogene Befreiung von der in Calbe, Brumby, Burg, Loburg, Hohenziatz, Parchim, Altenplatho, Jerichow, Rogätz, Jüterbogk, Wolmirstedt, Staßfurt, Egeln, Hadmersleben und Haldensleben zu entrichtenden Zollabgabe wieder zugestanden. Ob ihnen auch die verlangte Zollfreiheit zu Derben, Sandau und Alvensleben, welche sie damals nicht gahabt, zukomme, soll erst ausgemacht werden.

Artikel 11.) Den Fischern ist die Ausübung ihres Gewerbes an allen den Orten erlaubt, wo sie dasselbe ohne rechtlichen Einspruch früher haben treiben dürfen.

Artikel 12.) Hinsichtlich der Kornverschiffung gelten die bestehenden Verträge fort und der Rat soll dabei geschützt sein.

Artikel 13.) In der Kanzlei sollen die Bürger auf Begehren schleunige Rechtshülfe erhalten.

Artikel 14.) Die Prälaten und der Adel dürfen nur ihr selbstgewonnenes oder das ihnen als Pacht gegebene Korn frei verschiffen. 

Artikel 15.) Unschuldige sollen so wenig auf städtischem als erzbischöflichem Territorium statt der Schuldigen verhaftet und beschwert werden.

Artikel 16.) Dem Rate ist erlaubt, von der Wasserpforte bis zum roten, und von diesem bis zum viereckigen Turme bei der Sudenburg, statt der dort stehenden Planken, nur etwas weiter elbabwärts, eine Mauer zu ziehen und hinter dieser einen Wall mit Zwingern, Brustwehren, Schießscharten u.s.w. anzulegen; doch soll die Aus- und Einfahrt nach der Sudenburg unverengt bleiben. Müßte das Necessar der Vikarien der neuen Anlagen wegen abgerissen werden, dann ist jenen Herren vorher ein anderes, bequemeres zu bauen, auch die Aus- und Einfahrt hinter dem Möllenhofe in ihrer jetzigen Höhe und Weite wieder herzustellen und es, wie vor alters, mit der Freiheit derselben nach dem Laute der Verträge zu halten. Von dem viereckigen Turme bis an den großen Zwinger, und von diesem und dem Walle bis zum Ulrichsthor mag de Rat nach seinem Gefallen den Graben vertiefen und die nötigen Mauern ziehen, auch das Häuschen bei der Herrenpforte ausbauen, doch sollen die Gräben nicht verbreitert und den daranstoßenden Häusern der Klerisei kein Schaden zugefügt werden. Der Kardinal überläßt, mit Genehmigung des Domkapitals, das ihm zugehörige, mitten auf dem Markte stehende Münzgebäude, welches bisher zu vielen Unordnungen Anlaß gegeben, dem Rate (der dasselbe niederreißen ließ) gegen ein anderes, an der Südseite des Marktes, zwischen dem Löseschen Hause und der Königsburg belegenes. Alle Rechte und Privilegien des alten Münzgebäudes sollen auf das neue übergehen, doch darf in letzterem nur gemünzt und keine andere bürgerliche Nahrung betrieben werden. Für die Einwilligung des Kardinals zu diesem Häusertausche verehrt der Rat der Altstadt demselben ein Geschenk 10.000 Gulden. Der Rat soll das Domkapital, die Kollegialstifte, die Klerisei und deren Verwandten, auch das Kloster U.L.F. [Unser Lieben Frauen] , nach Inhalt der Verträge und besonders des Revers von 1403 schützen und an der Ausübung ihres Gottesdienstes nicht behindern noch behindern lassen. Er soll den Geistlichen, die gegen Bürger um verweigerte Renten, Zehnten und Zinsen willen klagbar geworden, zu ihrem Rechte verhelfen; hat aber, bei Schuldforderungen der Bürger an Geistliche, von seiten des Klerus die gleiche Begünstigung zu erwarten. Einige der ferneern Unterhandlung bedürfende Artikel, namentlich die Irrungen zwischen der Altstadt, Sudenburg und Neustadt, die Regulierung der Appellationssache, die Befreiung der Gewandschneider und anderer gefreiten Innungen, auch die der Dörfer Gübs, Löbenitz und Glöthe und die Beschatzung ihrer Äcker und Wiesen bleiben bis zu einem vom Kardinal noch vor Weihnachten anzuberaumenden Termine ausgesetzt und sollen dann von S. Kurfürstl. Gnaden selbst oder deren Räten auf den Grund der deshalb geschlossenen Verträge und darüber sprechenden Privilegien entschieden werden. - Alle Gebrechen, Zwietracht, Widerwärtigkeiten, Unwille und Ungnade zwischen dem Kardinal, dem Domkapital und der Stadt sind durch gegenwärtigen Vergleich völlig abgethan und beseitigt; alle nicht in denselben erwähnten Verträgen, Verschreibungen und Freiheiten bleiben in ihrer vollen Kraft.

Aus: Friedrich Wilhelm Hoffmann's Geschichte der Stadt Magdeburg, Band 1 

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Fehdebrief an das Domkapitel

vom 02.Februar 1547

Wolgeborner vnd Eddeler Graff, Vnd ihr Thumbhern der kirchen zcu Magdeburgk, Es habenn die fuernemesten vnder euch den Thumbhernn, eyn guthe Zceither practicirt, an vihlen orttenn, so vihle angeben erregtt, getribenn geiagtt geritten vnd domitt vast vmbgangen, diese beide Ertz vnd Stiffte Magdeburgk vnd Halberstadt vmb ihre alte lobliche freiheitt zcubringenn vnd im grunde zcutrennenn auch das vaterlandt, mitt andern krigesleutenn zcuvberfuhrenn vnd vorderbenn zculaßenn, Vnd dieweihll ihr dann, das aus lauterm muttwillen, zcuforderst wider Gotts Wortt, vnd vns vnd vnser mittvorwantenn fuergenohmenn vnd vnderstandenn. So wissen wir, vnser vorwanthnus nach, domitt wir dem Ertzstiffte zcugethan vmb Christlicher gemeiner wolfahrtt willenn, sulchs von euch den Thumbhern, nicht lenger zcugeduldenn. Vnd wollenn vns hiemitt kegen wolgedachtem Grafenn vnd euch den Eltesten vnd Capittel gemeynn, Thumbhern, Vicarien vnd eynen Jdern in sunderheitt der Stifftkirchen, auch andern Collegien Probstenn Techenden Thumhern Vicarien Caldunenhernn Zcu Magdeburgk, vnd allen ewern vnterthanen vnd vorwandten, auch kegen dem ewern, das euch zcukumpt ader sunst anher, in ewer vorwaltunge gewesenn, vnd itztt noch ist, vor vns, vnd die vnsern, so ferne das von ehrenn vnd rechts wegenn von noten seon solte gebuertt, vorwahrtt habenn, feintlichen zcuhandeln Datum vnter vnser Stadt Secreth Sontags nach Circumcisionis dominj Anno rv xlvij

Rathmann vnd Jnningsmeister
der Altenstadt Magdeburgk

Adresse: Den Eddelnn vnd Wolgebornn Techandt vnd den Eltesten auch Capittel gemeyn Thumbhern vnd Vicarien der kirchenn zcu Magdeburgk sampt vnd sunderlich.

Wörtlich aus Friedrich Wilhelm Hoffmann's Geschichte der Stadt Magdeburg, Neu bearbeitet von Dr.G Hertel und Fr. Hülße, 1.Band

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Bericht eines Mönches zum Überfall der Magdeburger auf das Kloster Hamersleben

Anno 1548 am 19. Dage des Monats Augusti, das ist am hilligen Sondage fro morgens 6 schläge, als wir mit dem Godesdienste beschäfftiget vnd keine Argelist vermotenden, seynd die von Magdeborg sambt ören Borgemestern Kriegsvolke vnd der Manschop des ertzstiftes veerdusend to Rosse vnd to Fote in vnse Closter ane vnse schuld vnvermerckt, allene dat wir des durchlauchtigesten Fürsten vnd Herrn Hertzoges Henrickes von Brunswic Rüther (Reiter) sollen haben beherberget.

Rathmann vnd Jnningsmeister
der Altenstadt Magdeburgk

Adresse: Den Eddelnn vnd Wolgebornn Techandt vnd den Eltesten auch Capittel gemeyn Thumbhern vnd Vicarien der kirchenn zcu Magdeburgk sampt vnd sunderlich.

Wörtlich aus Friedrich Wilhelm Hoffmann's Geschichte der Stadt Magdeburg, Neu bearbeitet von Dr.G Hertel und Fr. Hülße, 1.Band

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Friedensvertrag zwischen der Stadt Magdeburg und Kurfürst Moritz von Sachsen

vom 05.November 1551

Es wurden einerseits:

1.) der Stadt alle ihre Rechte und Freiheiten bestätigt, es wurde ihr unbedingt freie Religionsausübung gestattet und von der Annahme des Interims abgesehen;

2.) alle Bürger und Einwohner, die die ganze Besatzung und die Geistlichen wurden vollständig begnadigt;

3.) der Stadt wurde die Befreiung von der Acht zugesagt und die Konfiskation ihrer Güter mit der Maßgabe aufgehoben, dass man sich mit den jetzigen Besitzern dieser Güter selbst abzufinden habe.

Andererseits dagegen entsagte die Stadt:

1.) dem schon längst nicht mehr bestehenden Schmalkaldischen Bunde sowie jedem künftigen gegen den Kaiser, sowie gegen das Haus Österreich und das Haus Burgund gerichteten Bündnis;

2.) die Stadt hat außer dem Kaiser und dem Reich auch des Erzstift und die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg als ihre Oberherren anzuerkennen. 

3.) die Stadt hat sich den Reichsabschieden, auch den Beschlüssen des Reichskammergerichts zu unterwerfen, das letzte insbesondere auch als zuständig zur Entscheidung der zwischen ihr und dem Erzstift und dem Erzbischof schwebenden Streitigkeiten anzuerkennen; sie hat ferner dem Erzstift und dem Domkapital alle denselben abgenommenen Gütern zurückzuerstatten, oder dafür Entschädigung zu zahlen, auch alle in der Stadt befindlichen Gefangenen, darunter den Herzog Georg von Mecklenburg ohne Lösegeld freizugeben;

4.) als Entschädigung der Kriegskosten 50.000 Gulden Strafe zu zahlen und dem Kurfürsten von Brandenburg zwölf Stück schweres Geschütz auszuliefern. (Die Geldstrafe wurde später um 10.000 Gulden reduziert und statt der Geschütze erhielt der Kurfürst eine Geldentschädigung)

Nach: F. A. Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart

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Schweres Brandunglück in Magdeburg

am 18. April 1613

Es war Sonntag, der 18. April 1631, da wurde die Stadt Magdeburg durch ein schweres Brandunglück heimgesucht. Ein in der Petriepfarre wohnender Bürger, Teuffel mit Namen, hatte am gedachten Tage ein Fuder Stroh aus der Neustadt erhalten und ließ daselbst, gerade als es zur Nachmittagspredigt läutete, bei sich abladen. Eines der herabgeworfenene Bunde fiel hart am Feuerherde nieder, geriet in Flammen und entzündete das ganze Haus so schnell, daß der Eigentümer Frau und Kind nur zum Fenster hinaus retten konnte. Der Ostwind blies scharf und jagte die Flamme über die Stadt hin. Aus dem gleich anfangs mit in Brand geratenen Hause eines Fettwarenhändlers flogen die brennenden Speckseiten auf näher oder entfernter liegende Gebäude und entzündeten dieselben. Binnen einer halben Viertelstunde war das Feuer schon durch zwei Straßen bis zum Katharinenkirchhofe gedrungen, es ergriff die Kirche, lief dann über den Breiten Weg und durch die große Schrotdorferstraße bis zum Schrotdorferthore, verbrannte die Thorflügel und das Dach desselben und verschonte selbst den Zwinger im Stadtgraben nicht. Innerhalb drei Stunden wurden 212 Häuser - 23 in der Petrie, 49 in der Jakobi- und 140 in der Katharinenpfarre - unter denen 44 Brauhäuser, - Scheuern, Ställe und andere kleinere Gebäude ungerechnet - ein Raub der Flammen. Obwohl die Häuser in der Katharinenpfarre größtenteils entweder ganz von Steinen aufgeführt waren oder doch massive Giebelwände hatten, so gewährte ihnen dies dennoch keinen Schutz; das Feuer sprengte und zerriß die Mauern und verzehrte alles Holzwerk im Innern desselben. Das wilde, entfesselte Element spottete der ohnmächtigen Anstrengungen, es zu bändigen. Die mit zwei schönen, erst 1468 erbauten Türmen gezierte Katharinenkirche brannte von drei Uhr bis in die Nacht hinein, und verlor nicht allein Türme, Dach, Glocken, Uhr und Orgel, sondern erlitt auch noch im Innern viele Beschädigungen, indem hineingedrungene Buben mit frevelnder Hand die Stühle zerschlugen, den Taufstein zerbrachen und umstürzten, die Gemälde von den Wänden herabrissen und die Kanzel beschädigten. Namenloses Elend brachte diese fürchterliche Feuersbrunst über einen großen Teil der Einwohner in Magdeburg, die fast nichts als das Leben gerettet; und obwohl die vom Brandunglück Verschonten sich auf das menschenfreundlichste ihrer annahmen, sie auch von auswärts her Gaben der Milde erhielten, so waren doch 1617 noch lange nicht alle Häuser wieder aufgebaut und viele Familien noch gänzlich nahrungslos. Fünf Wochen lang mußte die Katharinengemeinde ihre gottesdienstlichen Versammlungen im Augustinerkloster halten; inzwischen wurde die beschädigte Kirche wenigstens so weit hergestellt, daß sie wieder benutzt werden konnte. Mit dem Bau der Türme ging es minder schnell, weil es an den nötigen Geldmitteln fehlte und die Ältesten, Vorsteher und ganze Gemeinde baten deshalb den Administrator unterm 5. März 1617 um eine milde Beisteuer dazu.  

aus: Friedrich Wilhelm Hoffmann's Geschichte der Stadt Magdeburg, Band 2, Seite 75/76, 1885

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Vertrag

zwischen Erzbischof Sigismund und dem Rat der Stadt Magdeburg um die Rückgabe von Kirchengüter

1) Der Rat der Stadt Magdeburg soll dem Erzbischofe, Domkapitel und Stifte die Domkirche und andere Stiftskirchen und Klöster, auch die seit 1546 weggenommenen Kurien, mit der Beschwerung, welche vor dem genannten Jahre darauf gestanden, wieder einräumen und die Eigentümer in ruhigem Besitze derselben lassen.

2) Er soll dem Erzbischofe, dem Erzstifte, den Kirchenpersonen, Stiftskirchen, Landschaften, Klöstern, Adligen, Bürgern und Bauern ihre Zinse, Nutzung und Jurisdiktion, geistliche und weltliche, wie sie selbige vor 1546 gehabt und gebraucht, wieder folgen lassen. Was von gedachten Jahre bis 1552 fällig geworden, soll kompensiert und die Zahlungen erst von 1553 an geleistet werden. Die vom Rate in Pflicht genommenen Stiftsunterthanen treten in das alte Verhältnis zu ihrem rechtmäßigen Herren zurück; hinsichtlich der erzbischöflichen, in der Altstadt bürgerliches Gewerbe treibenden oder daselbst wohnenden Unterthanen gelten die Bestimmungen der aufgerichteten Verträge fort.

3) Auf Pflicht und Gewissen, an Eides statt, soll der Rat die den Stiftern, Klöstern und Geistlichen gehörigen Urkunden, Register, Kleinodien, Chor- und andere Kirchenbücher und alles übrige bewegliche Eigentum zurückgeben; was aber den Stadtkirchen an Glocken, Leuchtern, Kronen (Kronleuchtern) und Gestühlen zugewandt ist, soll denselben verbleiben.

4) Die Klostergüter, welche nicht schon vor 1546 in des Rats Verwaltung gewesen, sollen dem Erzstifte wieder abgetreten werden, das sich auch seine Ansprüche an die übrigen Klöster vorbehält. Der Trolbrüderhof wird ab sofort zurückgegeben.

5) Dem Rate und der Bürgerschaft soll die freie Übung der evangelischen Religion gestattet sein und es soll den Predikanten von allen Teilen geboten werden, das sie Gottes Wort christlich lehren und predigen, Sünde, Laster und Irrlehre strafen, sich jedoch leichtfertiger und unnützer Schmähungen in Wort und Schrift enthalten, die nicht zur Erbauung dienen, sondern nur Hader und Unwillen erregen; die Magdeburger sollen aber auch das Kapitel und den übrigen katholischen Klerus in ihren Kirchen nicht an dem hindern, was auf jetzigem Reichstage beschlossen ist oder künftig vom Kaiser und den Reichsständen wird beschlossen werden.

6) Die Bestätigung der Privilegien und Gerechtsame der Stadt soll, wie bei den Huldigungen der Erzbischöfe Ernst und Albrecht, so auch bei der künftig zu leistenden erfolgen, der Rat dagegen dem Erzbischofe und dem Domkapitel, diesem jetzigen Vertrage unbeschadet, gleichfalls die üblichen Reverse ausstellen. 

7) Der Erzbischof und das Domkapitel sollen die Verbote aufheben, dem Rate, den Bürgern, Hospitälern, Kirchen, Schulen, Innungen und anderen Personen in der Altstadt ihre Renten, Zinsen, Pächte und Güter vorzuenthalten, und es soll denselben alles wieder verabfolgt werden. Die Abgebrannten sollen mit Retardaten sowohl als neuen Zinszahlungen die nächsten vier Jahre verschont bleiben.

8) Die Steuer von den Landgütern soll, ohne Benachteiligung der Rechte des Erzbischofs und des Rats, künftig näher bestimmt werden.

9) Der Erzbischof will den Rat und die Bürgerschaft, wie das vor alters geschehen, bei der Huldigung frei belehnen und es soll mit der Lehnware den Verträgen und dem Herkommen gemäß gehalten werden.

10) Was die konfiszierten Güter, besonders das Haus Neu-Gattersleben betrifft, so wollen der Kurfürst und der Erzbischof den Magdeburgern zu deren Wiedererlangung mit allem Fleiße behülflich sein, und letzterer will die etwaigen Ansprüche seiner Unterthanen daran nicht unterstützen.

11) Der Zölle wegen sollen alle Geleitmänner und andere darüber Unterrichtete von beiden Seiten nach Magdeburg gefordert werden, um eidlich auszusagen, wie es seit 20 Jahren und bis 1546 damit gehalten und so soll es bleiben, wenn nicht auf dem Wege Rechtens oder durch Vergleich anders darüber bestimmt wird. Der Vertrag von 1525 mit dem Erzbischofe Albrecht behält seine Gültigkeit. 

12) Die Sudenburger und Neustädter sollen ihrer Notdurft nach wieder bauen dürfen, jedoch der Festung nicht zu nahe und ohne Nachteil derselben. Beide Städte können, wie von alters her, ihre Nahrung und Gewerbe ungehindert treiben; auch will man ihnen die Erlaubnis auszuwirken suchen, der Niederlage, den Jahrmärkten, Privilegien und Gerechtigkeiten der Altstadt unbeschadet, fremde Weine und Biere zu schenken und jährlich drei Tage lang einen Jahrmarkt zu halten.

13) Hinsichtlich der Ausfahrt durch den Möllenhof soll es dem alten Vertrage mit Erzbischof Günther II. gemäß gehalten und der dortige Thorwart dem Erzbischof und der Stadt verpflichtet und angewiesen werden, beide Theile zu jeder beliebigen Zeit frei aus- und eingehen zu lassen, wofern nicht neuere, ein anderes Maß gebende Verträge vorhanden. Der jetzigen gefährlichen Läufte wegen soll die düstere Pforte hinter dem Dome noch zwei Jahre lang ugeöffnet bleiben, und wenn sie alsdann wieder benutzt wird, soll es damit wie mit den übrigen Thoren gehalten und die Obhut derselben einem treuen Manne vertraut werden, welcher die Domherren und andere Kirchenpersonen auch des Nachts ein- und auslasse.

14) Was die Kornschiffung belangt, so soll jeder Teil in seinem bisherigen Besitzstande bleiben, bis diese Sache in der Güte oder zu Rechte ausgetragen wird. Bei Schiffbrüchen soll im Erzstifte das Standrecht auch ferner nicht zur Anwendung kommen.

15) Für die (des Festungsbaues wegen) eingerissenen Häuser und Höfe soll der Rat dem Domkapitel die neuerbauten Häuser bei der Sebastians- und die vier neben der Paulerkirche belegenen abtreten und noch 5.000 Gulden zahlen. Mit den cedierten Grundstücken soll es wie mit andern dem Klerus zuständigen nach dem Inhalt der Verträge gehalten werden.

16) Der Erzbischof überläßt der Stadt aus gnädigem Willen die Gerichtsbarkeit über das zur Festung gezogene Territorium, damit sie auf ihren Wällen und in den Gräben überall die Jurisdiktion besitze. Die am Walle liegenden Höfe und Gärten des Erzbischofs und der Domherren sollen aber so vergittert werden, daß man nicht in dieselben hinabsteigen kann.

17) Für die verbauten Plätze und die zurückbehaltenen Steuern sowie zur Vergütung alles dem Erzbischofe und dem Domkapitel verursachten Schadens soll die Stadt denselben 50.000 Gulden in bestimmten Terminen zahlen und hiermit sollen alle Ansprüche und Forderungen des Erzbischofs, des Domkapitels, der Geistlichkeit, auch ihrer Unterthanen und Verwandten völlig abgethan und erloschen sein.

18) Dieser Vertrag soll mit dem großen Stadtsiegel und den Siegeln der fünf großen Innungen bekräftigt werden und Rat, Innungen und Gemeinde sollen sich verpflichten, gegen den Erzbischof, das Domkapitel und deren Zugehörige nichts vorzunehmen, noch sich mit der That ungebührlicherweise wieder diesen aufzulehnen. Die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg übernehmen die Garantie für die Magdeburger. Der Erzbischof und das Domkapitel versprechen auch ihrerseits den Vertrag fest zu halten. Erörterungen einzelner Artikel wird der Kurfürst von Brandenburg, als Vermittler des Vertrags, wo es nötig ist, geben.

aus: Friedrich Wilhelm Hoffmann's Geschichte der Stadt Magdeburg, Teil 2, 1885

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Verbot gegen abgöttische Gottesdienste

Nachdem vnnd alse wyr der Rath dieser Altenstadt Magdeburgk,vber alle vermutunge vnnd zuursicht in erfarunge kommenn, als solle allhie vonn denn hern des thumb Capittels vnnd Ihrem anhange vnnd vorwanten furgenommenn vnnd vnterstandenn seynn, wyder Gottes wortt vnnd befehl, auch der rechtenn warenn Catholischenn Christlichenn kirchenn gebrauch, Papistische vnnd Abgottische Messenn, gesenge vnnd Ceremonien allhie Im Thume, vnnd des ortts in etzlichenn mehr kirchen zuhaltenn, vnnd also eynn gottloß weßen vnnd gotteslesterunge wyder aufftzurichtenn vnnd hinfur zu treybenn, welchs Ihnenn der Almechtige gnedigklichenn wolle hindern vnnd wehrenn, Dieweil dan angetzeigte Gotteslesterunge dem Almechtigenn zu hochster schmach vnnd vnehre straffenn wyrtt, Derwegenn vormahnenn vnnd gebietenn wyr hiemitt ernstlich, vnnd wollenn, das eyn Jeder burger vnnd eynwohner, was geschlechtes vnnd alters er sey, sich zu dem reynenn Gottlichenn wortte, vnnd den hochwirdigen Sacramenten, mit ernste vnnd aller demutt, auch die seynenn dartzu: halte: das leben darnach richte, vnnd sich allhie aussem Neyenn Margkte, bey, noch Inn denn kirchenn, da obgemelte Abgotterey getriebenn wyrtt, nicht finden lasse, sondern derselbenn gentzlich eußere vnnd enthalte, Darann geschiehtt Gottes Almechtigenn wille vnnd meynunge, Zu eynes Jedern selbst zeitlicher vnnd ewiger wolfahrtt, vnnd wyr wollenn denn ader die Jennigen ßo hierwyder handelnn nach unser Stadt koer, ernstlich vnnd vnnachlessigk zustraffenn wissenn, Darnach sich eyn Jeder zurichtenn. 

Vhrkunthlich mit vnser Stadt Secret bedrugkt. Sonnabends nach Jubilate denn siebenden May Funfftzenhundertt Achtt vnnd funfftzigk

aus: Friedrich Wilhelm Hoffmann's Geschichte der Stadt Magdeburg, Teil 2, 1885

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Vertrag vom 08.September 1585 vom Kloster Berge

zwischen der Stadt Magdeburg und dem Administrator Johannes Friedrich

1. Der Rat läßt die vor einigen Jahren angelegten beiden Schlagbäume auf dem Graben wieder wegnehmen.

2. Die Ausfahrt hinter dem Möllenhofe soll spätestens bis nächste Pfingsten so in Stand gesetzt werden, daß der Administrator dieselbe zu Fuß, zu Pferde und zu Wagen, bei Tag und Nacht passieren kann. Der dabei anzustellende Thorwart soll dem Administrator und dem Rate vereidigt und angewiesen werden, jenem wie diesem, ohne Schaden des anderen Teils, so oft es verlangt wird, den freien Ein- und Ausgang gestatten. Der Administrator soll jedoch nur für seine Person und mit einem Gefolge, das nicht über 200 Mann und Pferde stark ist, eingelassen werden. Durch andere Thore mag er nach seinem Gefallen mit einer stärkeren Begleitung in die Stadt kommen.

3. Dem Administrator verbleibt das Recht, die Innungen zu konfirmieren, der Rat behält aber die bisher über sie ausgeübte Jurisdiktion.

4. Wenn in Prozessen vor den erzbischöflichen Gerichten Zeugen aus der Stadt verhört werden müssen, so soll dies vom Rate geschehen, und wenn Bürger oder Eingesessene aus der Altstadt vor dem Administrator oder dessen Landesregierung zu citieren sind, so wird der Administrator durch Schreiben an den Rat sie vorfordern lassen; die übrigen Landgerichte aber sollen den Rat zuvor schriftlich ersuchen, die zu citierenden Bürger anzuhalten, sich vor ihnen zu stellen.

5. Von den Urteilen des Schöffenstuhls darf, nach wie vor, an den Administrator appelliert werden, ebenso von denen des Rats, wenn des letztern Kompetenz zweifelhaft. Fände sich aber, daß des Rats Bescheid der Willkür gemäß oder die Appellation eine unbegründete und mutwillige, dann soll der Appellant unter Erstattung der Kosten abgewiesen und, nach des Administrators Ermessen, mit einer Strafe vom Rate belegt werden. Appellationen von diesen in Sachen, welche bloß die gemeine Ordnung, Geldbußen oder sonst den bürgerlichen Gehorsam betreffen, sind unzulässig. Stadtgesetze, welche den Rechten des Administrators, des Domkapitels oder der Landschaft zuwiderlaufen, sollen nicht gegeben werden, noch bei den Urteilssprüchen zur Anwendung kommen.

6. Da der Rat die geistliche, eigentlich vor des Administrators Offizialei-Verwalter gehörende Gerichtsbarkeit in Ehesachen seit der Reformation, gleich anderen augsburgischen Konfessionsverwandten, an sich gezogen und gebeten, ihn dabei zu belassen, so hat man sich dahin verglichen, daß der Rat bei Streitigkeiten in Ehesachen einiger Personen aus dem Ministerium und seiner Mitte dem Administrator vorschlage, dieser sodann zwei derselben auswähle und dem Offizial zuordne. Das auf diese Weise konstituierte Gericht soll aber nicht streng nach dem kanonischen Rechte, sondern vielmehr nach den, in den Konsistorien der augsburgischen Konfessionsverwandten üblichen Gesetzen entscheiden. Wären die beiderseitigen Verordneten geteilter Meinung, dann sollen die Akten an andere protestantische Konsistorien verschickt und von diesen eine Rechtsbelehrung eingeholt werden. Citationen vor dies Ehegericht erläßt der Offizialei-Verwalter und ersucht den Rat schriftlich, seine Bürger und Einwohner zum Erscheinen anzuhalten. "Waß aber außerhalb den Ehesachen des Exercitium Religionis bestellung des Ministerij in Kirchen vnd Schulen, vnd was deme allenthalben anhengig betrifft, soll es wie hiebevohren pleiben, vnd der Rath künfftigk also dabei gelaßen werden."

7. Der Streit wegen der Jurisdiktion auf den Steindämmen und Brücken bis an die Clus und im Diebssteig, sowie wegen einiger anderer Punkte bleibt für jetzt unausgemacht und einer künftigen gütlichen Einigung oder rechtlichen Erörterung vorbehalten.

aus: Friedrich Wilhelm Hoffmann's Geschichte der Stadt Magdeburg, Teil 2, 1885

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Schreiben von Tilly an die Bürgerschaft von Madeburg

mit der Aufforderung zur Kapitulation

Liebe Besondere, Ihr werdet allberaits mehr, dann Euch selbsten lieb seyn mag, im Werck empfunden vnnd erfahren haben, in was für mercklichen grossen Schaden Ihr vmb Ewr bißhero gegen der Röm. Käys. auch zu Hungarn vnnd Böheimb Königl. May. Vnserem Allergnädigsten Herrn erwisener vnverantwortlicher vnnd hochstraffbarer Obstinacitet vnnd offentlicher Rebellion willen mit den Ewrigen gerathen, also daß Ihr dardurch fast nunmehr all Ewre zeitliche Gütter vnd Wolfahrt verlohren, vnnd es jetzt vber dises alles durch Göttliche verleyhung so weit vnd dahin kommen, daß in Vnseren Handen vnd Machten stehet, Euch mit Ewren noch vbrigen Haab vnd Güttern, Weib vnd Kindern in völlige vnd gäntzliche ruin zu praecipitiren. Wie nun aber Wir gantz vnd gar nit dafür halten wollen, Ihr in solcher Ewrer Halßstarrigkeit so gar vertiefft und ersoffen seyn werdet,daß Ihr nit begehren oder gemaint seyn solltet, mit hertzlicher berewhung wider zu kehren, vnd Euch der schuldigen allergehorsambsten Käyserlichen Devotion, vnd von deoselben dependirender Clemenz, Gnad vnd Huld zu vnderwerffen. Also haben Wir keinen Vmbgang nehmen mögen, Euch dessen hiermit auß getrewer gegen Euch vnd den Ewrigen tragender Sorgfalt vnd Wolmainung zum vberfluß zu erinnern, vnd zugleich mit Ernst zu ermahnen vnd zu warnen, Ihr wöllet Euch die Gnaden Thür, so Ihr dieser zeit noch offen habt, nicht gantz praecludiren, besondern von Ewer biß dato erzaigter Widerwärtigkeit alßbalden vnd vnverzüglich in der That abstehen, Euch dem schuldigen Gehorsamb, warmit allerhöchstgedachte Kays. May. als der höchsten vorgesetzten Obrigkeit Ihr Euch so hoch verpflicht vnd verbunden wisset, submittirn, vnd also dardurch deroselben würkliche Clemenz vnd Huld fähig machen, nicht zweifflent, Ihr werdet mit reiffer erwegung all dieser Sachen so hoch importirender vnd weit außsichtiger Circumstantien in Euch selbst gehen, Ewer frommen vnd bestes suchen vnd werben, vnd es zu denen für Augen schwebenden vnausbleibenden hochschädlichen Extremiteten, worauff Ewr, auch Ewr Wei vnd Kinder sambt aller Haab vnd Gütter eusserstes Vnhail vnd gäntzlicher Verlust darfür Vns selbsten hertzlich leydt were, bestehen vnd hafften thu, mit solcher vorsetzlichkeit nit kommen lassen, vnd habt Ihr vber dieses alles jetzt im Werck selbst gewahr worden vnd für Augen, daß diejenigen, so Euch zu defendiren vnnd zu beschützen sich angenommen, gar nit Ewer vnd Ewrigen Nutzen vnd Wolfahrt zu befürdern, besonders vilmehr Ewr vnnd deß gantzen Landts Verderben vnd ruin zu suchen gemaint vnnd erwisen, Wir lassen auch in beygehenden Abschrifften Euch zur Nachricht vberkommen, was Wir anjetzo an deß Herrn Marggraffen Christian Wilhelmen zu Brandenburgs Fürstl. Gn. vnnd den Königlichen Schwedischen Hoffmarschalcken Dietherischen von Falckenberg, gelanget haben. Habens Euch also hiermit durch gegenwertigen zu dem ende expresslich abgefertigten Trompeter zu Ewrer aigentlichen Nachricht vnangefügt nit lassen mögen, vnd verbleiben darbey bey Ihme Ewr endtlichen Cathegorischen vnverweilten Resolution vnd Gemütsmainung gewertig.    

Datum Westerhausen vor Magdeburg, am 4.May (24.April), Anno 1631

aus: Friedrich Wilhelm Hoffmann's Geschichte der Stadt Magdeburg, Teil 2, 1885

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Wortlaut des Vertrages von Kloster Berge vom 28.Mai 1666 

(Nicht das jemand denkt die Fehler hab ich gemacht. Ich habe das nur wörtlich abgeschrieben :-) )

Kund und zu wißen sey hiermit Jedermänniglich, denen eß zu wißen nötig oder sonst daran gelegen. Nachdem zwischen des Durchlauchtigsten Fürsten und Herren, Herrn Friedrich Wilhelms Markgrafen zu Brandenburg, des Heyligen Römischen Reichs Ertz Cämmerers und Churfürsten, in Preußen, zu Magdeburg, Jülich, Cleve, Berge, Stettin, Pommern, Caßuben und Wenden, auch in Schlesien, zu Großen und Jägerndorf Herzogen, Burggrafen zu Nürnberg, Fürsten zu Halberstadt, Minden und Camin, Grafen zu der Mark und Ravenßberg, Herrn zu Ravenstein, auch der Lande Lawenburg und Bütow Churfürstlichen Durchlauchtigkeit, wie auch des Hochwürdigsten, Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Augusti, Postulierten Administratoris des Primat- und Erz-Stiffts Magdeburg, Hertzogen zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berge, Landgrafen in Düringen, Markgrafen zu Meißen, Ober- und Nieder-Lausitz, Grafen zu der Mark und Ravenßberg und Barby, Herrn zu Ravenstein, Fürstlichen Durchlauchtigkeit, an Einem Dan E G Rat Dero Alten Stadt Magdeburg, sambt der ganzen Bürgerschaft daselbst am amderen theil, sich einig irrungen über die Formul der Erbhuldigung biß dato entsponnen, ietzgedachte Ihre Churfürstl Durchlauchtigkeit und Fürstlichen Durchlauchtigkeit aber diese Sache langer in solcher ungewißheit und unrichtigkeit stehen und bleiben zu laßen billich bedencken getragen und zu erlangung solchen Zwecks beyderseits Herren Abgesandten anfänglich auf dem Ambthause zu Wanßleben, zuletzt aber auf dem Kloster Berge vor Magdeburg, denen Deputirten E. E. Raths, des Ausschusses und Gemeiner Bürgerschaft die noturfft der sachen und was zu gütlicher Abthuung Vorerwehnter irrungen mehr diehnlich befunden, außführlich remonstriret, auch zugleich Ihres Gnädigsten Churfürsten auch Fürsten und Herren gnade, hulde und güte nochmalß angeboten; so ist endlich die sache zu verhütung der extremitaeten heute Dato alhier mit Gottes hüllfe und beystand in der güte volkommentlich gehoben, und nachfolger gestalt mit allerseits Interessen guten willenund belieben abgethan und verglichen worden.

1.) Solchem nach leistet E.E. * Rath, Innungen und gantze Bürgerschafft Ihrer Churfürstlichen Durchl. Dero Successoren und Erben, Marggrafen und Churfürsten zu Brandenburg, in eventum die Erbhuldigung nach der Formel de anno 1579, Inngleichen des Herren Administratoris Fürtsl. Durchl. biß die Instrumento Pacis enthaltene Fälle sich begeben, Gestalt dan auch dieselbe so wohl in Politicis alß Ecclesiaticis die Landes Fürstl. Hoheit und waß sonst dazu gehörig, so lange ohne eintrag behalten, diese beide Huldigungen aber geschehen sofort auf einander in einem tag, dergestalt, daß des Herren Administratoris Fürstl. Durchl. zuerst geschworen wirdt.

2.) Wird die alte Stadt Magdeburg von Ihrer Churfürstl. Durchl. zu Brandenburg und des Herren Administratoris Fürstl Durchl. besetzet und ziehet die Garnison morgen Dienstages, wird sein der 29. dieses, hinein, die biß dato darin gewesene geworbene Knechte werden ihrer pflicht erlassen, legen das gewehr nieder und stehet einem jedweden frey, wohin er gehen und sich unterhalten laßen will.

3.) Derjenige, welcher biß dato bey denen in der Stadt gewesenen geworbenen Knechten das Commando gehabt und Capitains charge bedient, sill hinwiederumb von Ihrer Churfürstl. Durchl. bei der Garnison alß ein Capitain accomodieret werden, wie auch der Lieutenant; So viel aber die Knechte betrifft, stehet denenselben frey, Ob nachdem Sie ihrer vorigen pflichte erlassen, hinwiederumb unter Ihrer Churfürstl. Musqvetieren gleich tractieret werden sollen;

4.) Zu Unterhaltung der Churfürstl. und Fürstl. Garnison gibt die Alte Stadt Magdeburg, die Garnison werde auf den bedürffenden nothfall verstercket und vergrößert, oder dem befinden nach geringert, ein mehreres nicht, als Monatlich zwölf hundert Reichsthaler, das übrige wollen offt höchstgedachte Ihre Churfürstl. Durchl. und Fürstl. Durchl. iedesmal richtig und zu rechter Zeit reichen lassen und soll über gedachte Zwölf hundert Thaler die Stadt und Bürgerschaft zu erhaltung der Garnison nicht weiter beschwert werden, Da auch dasjenige, waß an seiten Ihrer Churfürstl. Durchl. und Fürstl. Durchl. Monatlich zuzutragen, zu rechter Zeit nicht einkehme, soll doch der Commendant nicht fug oder macht haben, solches über die zwölf hunder thaler von E.E. Rath oder Bürgerschafft zu fordern, sondern solches durch militarische execution bey denen assignirten örtern iedeßmal beyzutreiben gehalten und schuldig sein.

5.) Die Qvatire und Servis Vor die gemeinen Knechte (der Officirer ist schon mit in derselben tractement) gibt die Stadt so lange und biß vor die Garnison nöthige Baraqven gabauet sein, Undt die weil absonderlich die Bürgerschafft der qvatire halber, wan es damit lange also bleiben solte , sich sehr beweglich beschweret, So soll ein bequemer orth zu den Baraqven ausgesehen, und damit anschaffung der meterialien, auch anderer nothwendigkeit und würcklicher aufbawung (?) derselbenso fort der anfang gemachet werden, und darzu wie auch allen, was zu den Baraqven nötig, gibt E.E. Rath und Bürgerschafft einen dritten theil; Was über dehm dazu erfordert wird, deßwegen haben sich Ihre Churfürstl. Durchl. und Fürstl. Durchl. unter sich verglichen, daßelbe gleichfals ohne seumniß herbei zu schaffen, so daß die Baraqven zwischen hier und Michaelis fertig sein sollen.

6.) E.E. Rath und Bürgerschafft Versichert den künfftigen Herrn Commendanten mit einer freien wohnung und anderer Officirer mit nötigem qvatir.

7.) Die freie disposition der Qvartire bleibet, so weit es E.E. Rath berechtiget, bey E.E. Rath, und sollen die im Rath, derselben Consulenten, wie auch Priester, Schuldiener und derselben weiteren mit würklicher einqvartirung iedesmal verschont bleiben.

8.) Was auf den wachten, Corps des Gardes und Baraqven an wachtholtz und licht, wie auch sonsten zu dem Magazin erfordert wird, dazu gibt E.E. Rath und Bürgerschafft nichts. 

9.) Damit auch E.E. Rath und Bürgerschafft der Comercien und derselben ungehinderten lauffs halber destomehr so wohl zu waßer alß zu lLande versichert sein möge, So soll weder der Herr Commendant noch auch sonst iemand von der Garnison von denen ankommenden und abgehenden schiffen und wahren, wie auch personen, wagen, pferden und gütern einig ungelt, unter was schein es immer wolle, zu nehmen berechtigt und befugt sein.

10.) Es sollen zwar die Soldaten und deroselben weiber umbs geld, wan Sie wollen, der Bürgerschafft in der erndte helffen, das Korn aber eigenmächtiger Weise abzuschneiden, oder aufzuklopfen wird ihnen bey unnachleßiger strafe verbothen und wird der Herr Commendant darüber alles erstes zu halten wißen.

11.) Alle Officirer und Soldaten sollen sich der bürgerlichen nahrung enthalten, iedoch daß gleich wohl ihnen frey gelßen werde, von denen Bürgern nach ihrem gefallen zu kauffen und es hinwiederrumb ohne eintzigen unterschleif an die Soldaten zu verhandeln. 

12.) Es soll sich auch die Garnison aller insolentien gegen den Rath und Bürgerschafft in und außer quartiers bey vermeidung ernstes einsehen enteußern. 

13.) Ferner soll der Herr Commendant dem worth haltenden Bürgermeister mit gebung der handt versprechen, für der Stadt und Bürgerschafft bestes, beförderung der Commercien, auch derselben aufnehmen und wohlfahrt mit zu sorgen und dieselbe wieder alle unbillige gewalt aufs beste zu defendiren, sonsten aber in das Stadtwesen sich nicht einzumischen, sondern dessen administration dem Rath und denen darzu bestellten persohnen ohnbeeintrechtiget laßen und nichts wornehmen, was den Rath, Bedienten und gemeiner Bürgerschafft und dero angehörige zu schimpf und schaden gereichen kan. Doferne auch irgends in der Stadt einige ungelegenheit sich begeben oder entstehen solte, wird der Herr Commendant auf imploration E.E. Raths, wie auch der Bürger sich willig finden lassen, durch seine unterhabende Garnison allen muthwilligen zu verwehren und so dann die Deliqventen, wan es keine Soldaten dem Rath einliefern, und sinst keinen excess verstaten, auch E.E. Rath in seinen Rechten und juribus keinen eintrag thun, Immaßen die Garnison zugleich mit E.E. Rath und Bürgerschaft defension und beschützung, keineswegs aber zu derselben Beleidigung eingelegt. 

14.) Das worth gibt der Herr Commendant in der Stadt alleine, Imgleichen behelt er die schlüssel zu den thoren bei sich, und obwohl der Rath und Bürgerschafft instendig angehalten, daß er damit auf die weise , wie zu des Obristen Trandorffs Zeit gehalten werden möchte, dazu aber die Herren Abgesandten nicht bemächtigt gewesen, haben Sie doch über sich genommen, solches nicht allein Ihrer Churfürstl. Durchl. und Fürstl. Durchl. unterthenigst zu referiren, sondern auch zugleich dieses desiderium bestermaßen gehorsamst zu recommendiren.

15.) Die Stücke auf den wällen, wie dieselben ietzo in der Zahl zu befinden, ingleichen die munition und gewehr, sowohl im Zeughause, alß bey der Bürgerschafft bleibt E.E. Rath und Bürgerschafft, doch sollen die Stücke auf den Wällen gelaßen und die Lavetten ohne Zuthuung des Raths und der Bürgerschafft jedeßmahl im stande erhalten, darüber eine gewiße specification gemachet, von dem Herrn Commendanten unterschrieben und dieselbe E.E. Rath und Bürgerschafft zu dero versicherung ausgestellet werdem; die munition bleibt auch E.E. Rath und Bürgerschafft, doch dergestalt, daß daferne Sie dieselbe zu vereußern oder zu verkauffen willens, Sie solches Ihrer Churfürstl. Durchl. und Fürstl. Durchl. anzeigen und ihnen der Vorkauf der billigkeit nach laßen, sollte aber diese munition auf bedürffenden fall von der Ganison angegriffen werden müssen, So soll E.E. Rath und Bürgerschafft dafür genugsame Satisfaction gegeben oder an der Monathlichen qvota abgezogen werden.

16.) Wan es sich zutrüge, daß Soldaten wieder Bürger zu klagen, so sollen Sie solches vor E.E. Rath, alß dem ordentlichen Richter, thun, Imgleichen seindt die Bürger und Einwohner der Alten Stadt Magdeburg gehalten, die Soldaten für dem Herrn Commendanten zu besprechen, zu belangen und zu verklagen, der ihnen dan nicht weniger alß der Rath denen klagenden Soldaten unpartheisch recht wiederfahren zu laßen wißen wirdt.

17.) Sollte sich auch über verhoffen zwischen E.E. Rath und Bürgerschafft, dan dem Herrn Commendanten einiger unwille erzeugen, so wollen Ihre Churfürstl. Durchl. und Fürstl. Durchl. denselben gebührlich abhelffen und zureichende enderung treffen.

18.) Der Rath und Bürgerschafft soll bey allen intraden und einkünfften, die sie bishero gehabt und noch haben und bey deren freien administration allerdings gelaßen werden.

19.) Die Officierer und Soldaten sollen sich dem Thorwärter nicht wiedersetzen und wan sie jemandts auf des Rathts oder Müllen Voigts verordnung wegen nicht abgelöster Zeichen anhalten müßen, ihnen nicht verhinderlich sein, auch die rechtmeßig geschehene anhaltung, den alten Verträgen gemeeß, respectiren.

20.) Die Stadt und Bürgerschafft sollen mit herren diensten auch schanzen und graben nicht behelligt werden.

21.) Eß wollen auch Ihre Churfürstl. Durchl. und Fürstl. Durchl. wegen der übergroßen schulden laßt, womit die Stadt annoch beschweret, mir Processen, Arresten und executionen dieselbe keineswegs übereilen, sondern die Creditores vielmehr in erwegung des fast unermeßlichen schadens, welchen die Stadt erlitten, zu billigen und erträglichen transactionen gnädigst anweisen und die Stadt dabey schützen.

22.) In denen Ämbtern auf dem Lande soll jeder männiglich unpartheiisch schleuniges recht administriret und darwieder im geringsten nichts verhenget, der Bürgerschafft auch aus denen Ämbtern und Geleiten ihre Zinsen, Zehenden und Pächte unweigerlich abgefolget werden.

23.) Was die angegebene Abzugsgelder von denen Erbschafften auch verkaufften Gütern, ingleichen die Zahlgelder, so von denen Beamten wollen gefordert und decurtiret werden, anbelanget, soll die Sache förderlichst untersuchet und wen eß neuerlich und wieder das herkommen, also fort abgestellet werden.

24.) Die Stadt soll ins künfftige nicht schuldig sein, auf der Churfürstl. oder Fürstl. Beampten Pässe Vorspn zu geben oder auf qvittirung zu thun, Imgleichen bei deren Durchzügen mit keinen beschwerungen beleget werden.

25.) Eß soll auch bei dem Vergleich vom Jahr 1562 und dessen §12 der Zollfreiheit halber von der Bürgerschafft Güter allerdings gelaßen werden.

26.) Wegen des Brauens soll eß gleichfalls untersuchet, und denenjenigen, welche es nicht befugt, verbothen werden.

27.) So viel die wieder aufbawung der von E.E. Rath und Bürgerschafft angegebenen Vorstädte, imgleichen die zugelegte Viertelmeile betrifft, damit wirdt eß bey dem Instrumento Pacis und deßen sano sensu et vero intelectu und bey Reichsguthachten gelaßen.

28.) Es wird auch der Rath und Bürgerschafft bey dem excercito der Augspurgischen Confession, wie dieselbe Kaiser Carl der V. zu Außpurg im Jahre 1530 übergeben, wie imgleichen bey bestellung des Ministerij, auch Kirch- und Schullsachen und was davon dependiret, allerdinges gelaßen und soll ihnen weder dieselbe, noch auch die dazu gehörige Kirchen, schulen, Hospitalien, Renten, einkünffte und intraden, Sie haben nahmen, wie Sie wollen, nicht entzogen oder Sie darinne in einigerley weise betrübet oder beschweret, und darnebenst in diesem punct allerdings dem Instrumento Pacis nachgelebet werden. 

29.) Es sollen auch die gewohnliche Reversales in orginali außgestellet werden und muß E.E. Rath auch die seinige, nach der Formul im Jahre 1579 außantworten.

30.) Es wollen auch des Herrn Administratoris Fürtsl. Durchl. nicht unterlaßen, also fort gewiße Cimmisarien zu verordnen, welche nach beschehener huldigung E.E. Rath und Bürgerschafft über alle und jede gravamina, so Sie ietzo wegen der Landstewer, auch wieder der Satdt praetendirten Schulden und andere beschwerden des Landes, wiedre die Landschafft vorgebracht oder noch vorzubringen hätten, Sie sein wieder wehm Sie wollen, genüglich vernommen und denenselben allen secundum justitiam aus dem grunde, sonder weitleuffigkeit abhelffen sollen, Gestalt Ihnen dan die Zeit dazu benennen frey gelassen wirdt. 

31.) Die Innungen, Brüderschafften und Handwerke sollen bey ihren Rechten, befugnissen, gerechtigkeiten und Statuten allerdings gelassen und wan Sie die Ordnung zur confirmation einschicken, der Rath zuvor darüber vernommen und darauf die Confirmationes außgefertiget werden.

32.) Endlich so wird E.E. Rath, wie auch deßen Consulenten und Bediente, sambt zugehörigen Ständen und sämbtlicher Bürgerschafft sambt und sonders hiermit am bestendigsten versichert, daß Niemandt an seinen Ambt, ehren und competenz, im geringsten nicht soll gehindert, gefähret oder gekrenket, darnebenst alles, was irgents von Ihnen bißhero vorgegangen, geredet oder geschrieben, nimmermehr in ungnaden gedacht oder jemandt entgolten werden, sondern hiermit in ewige vergessenheit gestellet sein; Eben dieser gnade und ewigen vergessenheit genießen auch der Verstorbenen witwen und Kinder, mit ihren güthern, fahrendt und liegendt, und werden allesambtlich in Ihre Churfürstl. Durchl. und Fürstl. Durchl. gnädigsten special schutz genommen.

So geschehen Kloster Bergen den 28.May Anno 1666

* E.E Rath hat sicher die Bedeutung = Euer Erlauchter Rath

Nach: F. A. Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart

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Articel der Capitulation der Stadt und Vestung Magdeburg, abgeschlossen zwischen den Hrn. Brigade-General du Taillis, Chef des Generalstabes des 6. Corps der französischen Armee und dem Herrn von Renouard, königlich-preußischer Generalmajor

Artikel der Capitulation der Stadt und Vestung Magdeburg, abgeschlossen zwischen dem Herrn Brigade-General Du Taillis, einem der Commandeurs der Ehrenlegion, Ritter des Militairordens von Bayern, Chef des Generalstabes des sechsten Corps der großen Französischen Armee; dem Obersten Liger-Beair; Officier der Ehrenlegion, commandirenden Adjudant und Chef des Generalstabes der Avantgarde, und dem Captain Regnard, Mitgliede der Ehrenlegion und Generaladjudant Sr. Excellenz, des Herrn Marschalls Ney, geschlossen im Namen Sr. Excellenz, des Herrn Reichs-Marschalls Ney, Großofficier der Ehrenlegion des großen Kreuzes, Chef der siebenten Cohorte, Ritter des Christordens von Portugal und Chef-Commandeur des sechsten Corps der großen Französischen Armee, und zwischen dem Herrn von Renouard, Generalmajor, Chef eines Infanterieregiments und Ritter des Verdienstordens von Preußen; Du Troffel, Obersten der Infanterie und Commandanten der Vestung Magdeburg, und Le blanc, Hauptmann im Infanterie-Regimente Prinz Louis von Preußen, geschlossen im Namen Sr. Excellenz, des Herren Grafen v. Kleist, General der Infanterie, Ritters des schwarzen und rothen Preußischen Adlerordens und des Russischen Ordens St. Alexander-Rewsky und Gouverneurs der Stadt und Vestung Magdeburg.

1. Artikel

Die Stadt, Citadelle und Vestungswerke von Magdeburg werden den Truppen des sechsten Korps der großen Französischen Armee übergeben, mit ihrer Artellerie, Munition, Magazinen, Vorräthen aller Art und allem Staatseigenthum darin, ohne alle Einschränkung und in dem Zustande, worin alle diese Sachen zur Zeit der Capitulation sich befinden.

2. Artikel

Das Ulrichsthor und die äußern davor liegenden Werke werden der Französischen Armee eingeräumt, um dadurch dieselbe den 10ten November, um 2 Uhr Nachmittags, in Besitz genommen zu werden.

3. Artikel

Die Garnision marschiert mit allen kriegerischen Ehrenzeichen den 11ten November des Morgens 11 Uhr, unter Trommelschlag, mit fliegenden Fahnen und vier Feldstücken durch gedachtes Ulrichsthor; sie streckt das Gewehr, und die Cavallerie liefert ihre Waffen und Pferde an der Stelle ab, die man bestimmen wird, auf die Schußweite der Kanonen der Vestung.

4. Artikel

Nach abgelegten Waffen wird die Garnision zu Kriegsgefangenen, die Soldaten werden nach Frankreich geführt, und die Herren Officiere sind Gefangene, auf ihr Ehrenwort, vor der Auswechslung nicht gegen Seine Majestät, den Kaiser von Frankreich und König von Italien, noch gegen seine Bundesgenossen, zu dienen, und wird ihnen freygelassen, sich dahin zu begeben, wo sie es selbst bestimmen werden; indessen können allein die Officiere, die ihre Familie haben und in Magdeburg etablirt und verheyrathet sind, in der Stadt bleiben.

5. Artikel

Die Herren Officiere behalten ihren Degen, ihre Bagage und Pferde; die Soldaten behalten ihre Tornister und Mantelsäcke.

6. Artikel

Die Cadets, Fahnenjunker, Portdepeefähnrichs, Feldwebel der Infanterie und Wachtmeister der Cavallerie werden als Officiere angesehen, und wie diese behandelt.

7. Artikel

Die Regiementsquartiermeister, Auditeurs, Feldprediger und Chirurgen werden nicht als Kriegsgefangene angesehen.

8. Artikel

Die beyden incompletten Invaliden-Compagnien, die unbrauchbar sind und sich in der Vestung befinden, werden daselbst ihre Waffen niederlegen, und werden in ihre alte Garnisionen geschickt, eine nach Peine, bey Hildesheim, die andere nach Aken, wo sie ihre gewöhnliche Löhnung und Verpflegung durch die Oberbehörden und auf Kosten des Landes erhalten werden.

9. Artikel

Nach dem Abzuge der Garnision begeben sich die Herren Officiere zurück nach der Stadt, um daselbst ihre Pässe zu erhalten, und reisen ab, nachdem sie solche erhalten haben. Die Reverse, die sie auf ihr Ehrenwort ausstellen, vor der Auswechselung nicht zu dienen, müssen im Vorraus gehalten werden.

10. Artikel

Die verheiratheten, und zu Magdeburg oder in dem Bezirk der Inspectionsetablirten Soldaten bleiben bey ihren Familien, mit der Bedingung, vor der Auswechselung nicht zu dienen, und keine militairische Uniform zu tragen.

11. Artikel

Die verwundeten und kranken Officiere und Soldaten können bis zu ihrer Genesung in Magdeburg bleiben; sie werden auf Kosten der Stadt verpflegt. Preußische Oberchirurgen bleiben in hinlänglicher Zahl im Orte, um für sie zu sorgen. Sie werden, während ihres Aufenthalts, von der Stadt so wie die Französischen Oberchirurgen behandelt.

12. Artikel

Die Personen, das Eigenthum der Einwohner, der Gottesdienst und die kirchlichen Verfassungen werden unter dem Schutz der Gesetze und der Französischen rechtlichen Verfassung versetzt.

Wenn in der Stadt sich Personen finden sollen, die solche zu verlassen wünschen, sey es, mit Erhaltung oder nach Verkauf ihres Eigenthums: so sollen ihnen die nöthigen Pässe und die erforderlichen Gewährsleistung ertheilt und zugesichert werden.

13. Artikel

Es wird nichts in der Verwaltung und der gegenwärtigen Verfassung des Landes geändert werden.

Die Obrigkeiten, die dieses zu besorgen haben, werden die Verrichtungen fortsetzen, und den Schutz der Französischen Armee erhalten.

14. Artikel

Es werden von beyden Seiten Commisarien ernannt werden, zur Abfassung des Verzeichnisses und zur Ueberlieferung der Depots an Planen und Karten, Papieren, Archiven, Artillerie, Kriegsmunition und Proviant, und allem, was zum Staatseigenthum gehört, es bestehe, worin es wolle, und was sich in der Stadt befinden mögte.

15. Artikel

Die Herren Stabs- und übrigen Officiere, so wie die Cadets, Fahnenjunker, Portepeefähnrichs, Feldwebel, Wacht- und Quartiermeister, die sich, zufolge der gegenwärtigen Capitulation, in diejenigen Preußischen Provinzen begeben wollen, die durch Französische Truppen besetzt sind, oder in der Folge noch besetzt werden könnten, werden auf Kosten dieser Provinzen und durch die Verwaltungsbehörden jeden Orts, ihre Löhnung und ihren Unterhalt auf den Friedensfuß bekommen. Diese Löhnung und Unterhalt sollen den ersten jeden Monats bezahlt werden.

16. Artikel

Seiner Excellenz, dem Herrn Gouverneur von Magdeburg, steht es frey, wenn er es für gut befindet, einen Officier an seinen Landesfürsten zu schicken, um demselben von der gegenwärtigen Capitulation Nachricht zu ertheilen. Dieser Officier wird die nöthigen Pässe erhalten.

17. Artikel

Alle Artikel der gegenwärtigen Capitulation, die scheinen könnten, einen zweifelhaften Sinn zu haben, sollen zum Vortheil der Garnision erklärt werden.

18. und letzter Artikel

Es sollen von beyden Seiten drey Geißeln von dem Range, den man bestimmen wird, zur wechselseitigen Garantie der Vollziehung dieser Capitulation gegeben werden. Diese Geißeln werden Morgen, den 9ten November, gestellt, und von beyden Theilen gleich nach der Besitznahme der Vestung wieder ausgeliefert.

Gleichlautend in zwey Exemplaren ausgefertigt, den achten des Monats November Achtzehnhundert und sechs.

Du Taillis, Brigadegeneral und Chef des Etat-Major; von Renouard, Generalmajor; Liger-Belair, Adjudant-Commandant; du Trossel, Oberst und Commandant; L.A.J. Regnard, Captain und Adjudant; Le Blanc, Captain

 

Nachtrag und Erläuterung

der Capitulation der Stadt Magdeburg, welche im Nahmen Sr. Excellenz des Herrn Reichsmarschalls Ney, Mitglied der Ehren-Legion vom ersten Rang, obersten Befehlshaber des 6ten Korps der Großen Französischen Armee, und im Nahmen Sr. Excellenz des Herrn Grafen von Kleist, Ritter vom schwarzen und rothen Adler-Ordens, und Gouverneur der Stadt Magdeburg, durch unterschriebene Vollzieher der gedachten Capitulation entworfen worden.

 

Erster Artikel

Die beyden Invaliden-Compagnien, von welchen eine sich nach Peine, die andere nach Aken begeben soll, werden Magdeburg nicht eher als zwey oder drey Tage nach dem Ausmarsch der Garnision verlassen, und die Civil-Behörde wird den Transport der Kranken und Schwachen nebst ihrer Bagage besorgen.

Zweiter Artikel

Unter die Zahl der Krieges-Gefangenen werden die Hautboisten der Regimenter und die Knechte der Armee nicht mitgerechnet.

Dritter Artikel

Die Herren Officiere, welche auf ihr Ehrenwort als Kriegesgefangene erkläret werden, desgleichen die Fahnenjunker, Feldwebel und Fouriers behalten ihr freyes Quartier, Portionen und Rationen, nach ihrem Stand und Character auf gleiche Art wie die Französischen Truppen bis an den Ort ihrer Bestimmung.

Vierter Artikel

Der Herr Obrist du Trossel, Preußischer Commandant von Magdeburg, behält den Besitz und die Nutzung des Hauses, welches er in seiner Eigenschaft bisher bewohnt hat, und er soll von jeder Einquartirung und anderen militairischen Lasten so lange befreyet bleiben, als die Französischen und Verbündeten Truppen die Stadt im Besitz haben werden.

Fünfter Artikel

Die blessirten Preußischen Officiere, welche in Magdeburg bleiben, bis sie geheilet worden, werden auf gleiche Art wie die Französischen Officiere freyes Quartier erhalten.

Sechster Artikel

Die Preußischen Officiere, welche in Gewährheit der Capitulation berechtigt sind, in Magdeburg wohnhaft zu bleiben, und welche daselbst ihr Tractament nach dem Friedens-Fuß erhalten sollen, bleiben von der Einquartirungslast und anderen militairischen Verbindlichkeiten frey, jedoch nur so lange als die Stadt durch Französische Truppen und deren Alliirten wird besetzt bleiben.

Siebenter Artikel

Durch die gütige und gnädige Fürsorge des Herrn Gouverneur Excellenz werden namentliche Verzeichnisse nach den verschiedenen Korps von den Herren Generalen, Ober- und Stabs-Officieren, imgleichen von Subaltern- und Unter-Officieren und Soldaten der Garnision, mit Bezeichnung ihres Alters und Geburtsorts angefertigt; von den Herren Officieren ist der Ort zu bemerken, wo sie sich hinbegeben wollen, wenn sie von Magdeburg weggehen, auch wird eine besondere Liste von den verheyratheten Unter-Officieren und Soldaten angefertigt, welchen erlaubt worden, in Magdeburg und im Umkreis dieser Inspection zu bleiben.

Achter Artikel

Die Schlüssel-Majors und Aufseher auf die Verstungswerke der Stadt und Citadelle von Magdeburg werden auf gleiche Art ihre Wohnung in selbiger behalten, auch werden sie auf Kosten der bürgerlichen Commune und deren Vorgesetzten, monatlich ihr Tractament ordnungsgemäß empfangen.

Doppelt ausgefertigt zu Magdeburg, den 8. November 1806

Du Taillis, BGeneral und Chef des General-Stabes vom 6ten Korps; von Renouard, Generalmajor; Liger-Belair, commandirender Obrister; du Trossel, Obrister und Commandant; L.A.J. Regnard, Captain und Adjudant; Le Blanc, Hauptmann
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Vertrag 

zur Vereinigung der Städte

Magdeburg und Neustadt

Zum Zwecke der Vereinigung der beiden Städte Magdeburg und Neustadt zu einer Stadtgemeinde wird zwischen dem Magistrat der Stadt Magdeburg und dem Magistrat zu Neustadt unter Zustimmung der beiderseitigen Stadtverordneten-Versammlungen und unter Vorbehalt Allerhöchster Genehmigung der nachstehende Vertrag geschlossen:

§ 1. Die Städte Magdeburg und Neustadt treten zu einer unter einer gemeinsamen Verwaltung stehenden Gemeinde zusammen und ihre Gemeindeangehörigen werden rücksichtlich aller bürgerlichen Rechte und Pflichten, sowie rücksichtlich der Theilnahme an den beiderseitigen Kommunalanstalten einander gleichgestellt.

§ 2. Von dem Tage der Vereinigung beider Städte übernehmen die Gemeindebehörden der Stadt Magdeburg in Neustadt die Verwaltung der Gemeinde-Angelegenheiten sowie der den städtischen Behörden zugewiesenen staatlichen Obliegenheiten. Vorausgesetzt ist hierbei, daß der dem Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg nicht übertragene Theil der Polizeiverwaltung auch für Neustadt in Gemäßheit besonderen Abkommens auf die Königliche Polizeidirection zu Magdeburg übergeht.

Die Gemeinschaftsbehörden Magdeburgs treten in alle diejenigen Rechte und Pflichten ein, welche durch Gesetz oder durch besondere Rechtstitel den Gemeindebehörden zu Neustadt zustehen oder obliegen; namentlich gehen die nach § 171 bis 174, beziehungsweise § 104 Absatz 1 der Kreisordnung für die östlichen Provinzen vom 13.December 1872 / 19.März 1881 dem Magistrat und der Stadtverordneten-Versammlung zu Neustadt-Magdeburg eingeräumten Rechte, insoweit nicht etwa durch Gesetz etwas Anderes bestimmt wird, auf den Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung zu Magdeburg über.

§ 3. Mit dem Tage der Vereinigung beider Städte tritt in Neustadt dieselbe Kommunalbesteuerung, wie sie in Magdeburg besteht, ein; es werden ferner sofort von diesem Zeitpunkt an in der Neustadt die gleichen kommunalen Abgaben und Gebühren, z. B. Schulgeld und Marktstandgeld wie in Magdeburg für die Kämmereikasse erhoben. Dagegen treten die jetzt in Neustadt geltenden Bestimmungen über die Kommunalbesteuerung und das Abgabewesen außer Kraft.

§ 4. Das allgemeine Statut für die Stadt Magdeburg, sowie die besonderen in Magdeburg bestehenden Ortsstatuten und die über die allgemeine Ordnung des Gemeindewesens in Magdeburg geltenden Gemeindebeschlüsse erhalten in der Neustadt Wirksamkeit, sofern nicht in diesem Vertrage etwas Abweichendes bestimmt wird.

Der Magistrat zu Magdeburg hat die erforderlichen Anordnungen zum Zweck der Einführung der Magdeburger Ortsstatuten und Gemeindebeschlüsse in der Neustadt zu treffen. Von dem Tage der Einführung derselben an verlieren die entsprechenden Statuten und Gemeindebeschlüsse der Neustadt ihre Geltung. Ausgenommen von der sofortigen Einführung wird das Magdeburgische Ortsstatut über das Einquartierungswesen; vielmehr bleibt in Neustadt vorläufig das dortige Ortsstatut vom 9.März/9.Juni 1882, betreffend der Quartierleistung, auch weiter in Kraft.

§ 5. In Gemäßheit der in Magdeburg geltenden Bestimmungen über den Erwerb des Bürgerrechts sind zur Ausübung des Bürgerrechts auch in der vereinigten Stadtgemeinde Magdeburg und Neustadt nur solche Personen berechtigt, welche ein jährliches Einkommen von mindestens 900 Mark beziehen. Diejenigen Personen jedoch, welche zur Zeit der Einverleibung in der Bürgerrolle der Neustadt eingetragen stehen, verbleibt, auch wenn sie ein geringeres jährliches Einkommen als 900 Mark beziehen, das active und das passive Wahlrecht in dem städtischen Wahlbezirk der Neustadt, so lange sie dort ununterbrochen ihren Wohnsitz behalten und so lange nicht Umstände eintreten, vermöge deren sie nach den jetzt in Neustadt geltenden Bestimmungen das Bürgerrecht verlieren würden.

§ 6. Mit der Vereinigung beider Stadtgemeinden wird die Zahl der unbesoldeten Mitglieder des Magistrats zu Magdeburg um zwei erhöht, welche ihren Wohnsitz in Neustadt heben müssen und zwar treten mit dem Tage der Einverleibung der Neustadt zwei von den unbesoldeten Mitgliedern des Magistrats zu Neustadt, deren Bestimmung dem dortigen Magistrat überlassen bleibt, als Stadträthe in das Magistratscollegium der vereinigten Stadtgemeinde bis zum Ablauf ihrer Wahlperiode ein. Ferner wird der jetzige zweite Bürgermeister der Neustadt auf die Dauer seiner Wahlperiode als besoldeter juristischer Stadtrath in den Magistrat zu Magdeburg mit der Maßgabe übernommen, daß demselben mit dem 1.April 1886 ein Anfangsgehalt von jährlich 4500 Mark gezahlt wird und auf ihn künftig die für die besoldeten Magistratsmitglieder zu Magdeburg geltenden Besoldungsgrundsätze ebenfalls Anwendung finden.

§ 7. Die Zahl der Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung zu Magdeburg wird gleichzeitig um 12 Stadtverordnete in folgender Weise vermehrt:

Sofort bei der Vereinigung beider Städte treten zwölf von den Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung zu Neustadt, welche zu bestimmen der dortigen Stadtverordneten-Versammlung überlassen bleibt, bis zum Ablauf ihrer Wahlperiode in die Stadtverordnetenversammlung zu Magdeburg ein.

Für die Zukunft bildet die Neustadt im Umfange ihres jetzigen Gemeindebezirks, jedoch vorbehaltlich zum Zweck der Abrundung etwa nothwendig werdender, durch Gemeindebeschluß festzusetzender Grenzveränderungen, Behufs Vornahme der Stadtverordnetenwahlen in Gemäßheit der §§ 14 und 15 der Städteverordnung vom 30.Mai 1853 einen gesonderten Wahlbezirk, welcher in sich vorläufig zwölf Stadtverordnete zu wählen hat. Sollte später einmal eine Abänderung der Mitgliederzahl der Stadtverordnetenversammlung der vereinigten Communen erforderlich werden, so ist die Zahl der in Neustadt zu wählenden Stadtverordneten, gegenüber den in Magdeburg einschließlich der Sudenburg zu wählenden, nach Verhältniß der Zahl der stimmfähigen Bürger zu bestimmen, soll jedoch unter die Zahl 12 nicht hinabsinken.

§ 8. In den städtischen Verwaltungs-Deputationen wird unverzüglich nach der Vereinigung den Angehörigen der Neustadt eine entsprechende Vertretung eingeräumt werden.

§ 9. Die Stadtgemeinde Magdeburg übernimmt die Verpflichtung, den gesetzlichen Gehalts- und Pensionsansprüchen des jetzigen Ersten Bürgermeisters der Neustadt vom Tage der Vereinigung beider Städte an Genüge zu leisten, beziehungsweise eine im Wege besonderen Abkommens zu vereinbarende einmalige Abfindung demselben zu gewähren. Bei Gewährung einer laufenden Gehaltsentschädigung ist demselben bis Ende seiner Wahlperiode nicht nur das ihm zustehende pensionsfähige Gehalt, sondern auch der Betrag der Nebeneinnahmen aus den im jetzt in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Neustadt übertragenen Nebenämter, soweit der letztere Einnahmen in Folge seines Ausscheidens aus dem Amte verliert, fortzuzahlen und zwar selbst für den Fall, daß er inzwischen ein anderes besoldetes amt im staats- oder Kommunaldienst übernimmt; in Betreff der Festsetzung und Zahlung der nach Ablauf der jetzigen Wahlperiode eintretenden Pension findet der § 65 der Städteverordnung Anwendung.

Die zur Zeit der Vereinigung im Dienste der Stadt Neustadt stehenden Gemeindebeamten, soweit sie nicht bei Uebernahme der Polizeiverwaltung vom Staate mit übernommen werden, desgleichen die städtischen Lehrer gehen von diesem Zeitpunkt ab in den Dienst der vereinigten Gemeinde über und nehmen an allen Rechten und Pflichten Theil, welche den städtischen Beamten und Lehrern als solchen daselbst zustehen, beziehungsweise obliegen.

Die städtischen Behörden Magdeburgs werden sogleich nach der Einverleibung mit der Anwendung der in Magdeburg geltenden Besoldungsgrundsätze und Gehaltsskalen auf die bisherigen Neustädter Beamten und Lehrer geginnen und die danach sich ergebende Gehaltsregulirung allmählig zur Durchführung bringen, so jedoch, daß die Gleichstellung der Neustädter Beamten und Lehrer mit den Magdeburgs hinsichtlich der Besoldung spätestens in einem Zeitraum von neun (9) Jahren von der Vereinigung beider Städte an erfolgt sein muß. Falls den Neustädter Beamten in Folge der Incorporation solche Nebeneinnahmen, welche sie aus ihnen vom Magistrat übertragenen Nebenämter beziehen, entzogen werden sollten, so ist ihnen dafür bei der Gehaltsregulirung eine anderweitige Gehaltsentschädigung, jedoch nicht über die skalamäßigen Gehaltssätze hinaus, zu gewähren.

§ 10. Das sämmtliche bewegliche und unbewegliche Vermögen der Städte Magdeburg und Neustadt wird bei der kommunalen Vereinigung zu einem Ganzen verschmolzen; die vereinigte Stadtgemeinde tritt mithin in alle Vermögensrechte und Verbindlichkeiten der Stadt Neustadt als Rechtsnachfolgerin ein.

Das beiderseitige Stiftungsvermögen wird hierdurch nicht berührt, muß vielmehr den stiftungsmäßigen Zwecken nach wie vor erhalten bleiben.

§ 11. Im Rathause zu Neustadt wird auch nach der Vereinigung der beiden Städte eine Steuer- und Schuldgelderheber, sowie eine Sparkassennebenstelle und das besondere Standesamt für die Neustadt verbleiben; desgleichen wird daselbst ein Vernehmungszimmer zur Entgegennahme der an die Stadtbehörden zu stellenden Anträge eingerichtet werden.

§ 12. Die städtischen Schulen der Neustadt bleiben bestehen; die Errichtung neuer Schulen daselbst wird dem Bedürfniß entsprechend erfolgen. Sollte später eine andere Einrichtung oder eine Auflösung der jetzigen höheren Töchterschule zu Neustadt beschlossen werden, so ertheilen die städtischen Behörden zu Magdeburg für diesen Fall die Zusicherung, daß für den Unterricht der jüngeren Schülerinnen aus der Neustadt, welche eine höhere Töchterschule besuchen sollen, dort auch fernerhin in entsprechender Weise gesorgt bleibt.

§ 13. Die städtischen Behörden zu Magdeburg verpflichten sich, innerhalb einer Frist von fünf Jahren von der Einverleibung ab die Bürgersteige des Breitenwegs der Neuen Neustadt auf der östlichen Seite von der Magdeburgischen Grenze bis zur Kastanienstraße und auf der westlichen Seite von der Mittagstraße bis zur Umfassungsstraße, sowie den Bürgerstieg des Breitenwegs der alten Neustadt vor den Häusern 18 bis 23 h mit einer angemessenen Trottoirpflasterung zu versehen. Sie werden es sich ferner angelegen lassen sein, auch in anderen Straßen der Neustadt, namentlich auf dem Breitenwege der alten Neustadt, eine Verbesserung der Pflasterung der Bürgersteige herbeizuführen, wie sie überhaupt für eine Verbesserung des Straßenpflasters Sorge tragen werden.

§ 14. Die Pflicht der Straßenreinigung in den Neustädter Straßen geht vom Tage der Vereinigung beider Städte an allgemein auf die Hausbesitzer, beziehungsweise Hausverwalter über und zwar in dem Umfange, wie es das Ortsstatut für den Gemeindebezirk Magdeburg vom 4/25.Juli 1882 vorschreibt. Befreit von dieser Verpflichtung bezüglich des Fahrdammes sind nur die Anwohner derjenigen Straßenzüge, in denen die Straßenreinigungsverpflichtung ausdrücklich auf die vereinigte Stadtgemeinde übernommen wird.

§ 15. Seitens der städtischen Behörden Magdeburgs wird die Zusicherung ertheilt, daß ein einheitliches Kanalsystem in der Neustadt allmählig zur Durchführung gebracht wird.

§ 16. Die städtischen Behörden Magdeburgs verpflichten sich, den Einwohnern der Neustadt unter denselben Bedingungen und zu denselben Preise wie den Einwohnern Magdeburgs das Wasser der Magdeburgischen Wasserleitung zuzuführen und den Anschluß des Neustädter Wasserrohrnetz an das Magdeburgische möglichst bald zu bewirken. 

§ 17. Gemäß der mit dem Fabrikanten Liebau zu Sudenburg getroffenen besonderen Abkommen willigen die städtischen Behörden zu Neustadt in die Auflösung des zwischen Liebau und der Stadtgemeinde Neustadt geschlossenen Gasversorgungsvertrages vom 19.Mai 1884 und verpflichten sich, vor der Vereinigung beider Städte einen anderweitigen Gasversorgungsvertrag außer dem jetzt mit der Magdeburgischen städtischen Gasanstalt bestehenden nicht abzuschließen. Ueberhaupt ertheilen die städtischen Behörden zu Neustadt die Zusicherung, daß sie sich vor der Vereinigung aller Maßnahmen enthalten werden, welche geeignet sein würden, der Finanzlage der Stadt Magdeburg Nachtheile zu bringen oder die Verhältnisse, auf Grund den die vorstehenden vertragsmäßigen Verpflichtungen eingegangen sind, zu verändern. 

§ 18. Der Zeitpunkt für die Ausführung der Vereinigung beider Städte wird auf den 1.April 1886 festgesetzt.

Magdeburg und Neustadt, den 3.März 1885

Der Magistrat der Stadt Magdeburg

gez. Bötticher Dr. Huhn

Der Magistrat zu Neustadt

gez. Schaumburg Raschik
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Polizeiverordnung 

zur Verhütung gesundheitsschädlicher Ablagerungen und Ausdünstungen, sowie zur Reinhaltung der Luft in Gebäuden und deren nächster Umgebung

§ 1. Abort- und Düngergruben, welche zur Aufnahme von menschlichen Excrementen benutzt werden, müssen in einen wasserdichten Zustand gebracht und in diesem Zustande erhalten werden.

Nach jeder Entleerung einer solchen Grube, welche sich jedesmal auf deren Gesamtinhalt erstrecken muss, ist die Grube auf der ganzen Sohlenfläche mit einer 10 bis 15 cm hochen Schicht Torfstreu oder Torfmüll aufzufüllen; demnächst ist die Grube durch Desinfection mit Torfmüll unausgesetzt in einen gestankfreien und möglichst trockenen Zustand zu erhalten.

Es bleibt der verordnenden Behörde vorbehalten, nach ihrem Ermessen auch ein anderes Desinfectionsmittel zuzulassen, wenn dasselbe in seiner Wirkung den genannten Torfpräperaten nicht nachsteht.

§ 2. In die im § 1. bezeichneten Gruben dürfen Scherben, Glas, Asche, Stroh, Heu, Packmaterial und andere Gegenstände, welche geeignet sind, die Desinfection zu hindern oder zu erschweren, nicht gebracht werden. Ebensowenig darf in die gedachten Gruben Regen- oder sogenanntes Tageswasser abgeführt werden.

§ 3. Beim Entleeren der im § 1. gedachten Gruben muss deren Inhalt in geeigneten Behältern vom Grundstücke aus direct auf das zur Abfuhr bestimmte Fuhrwerk geschafft werden. Ein Lagern dieses Inhalts auf der Strasse ist verboten.

§ 4. Verantwortlich für die Befolgung der in den §§ 1 bis 3 und 8 getroffenen Bestimmungen ist der Besitzer resp. der von einer öffentlichen Behörde bestellte Verwalter eines Grundstücks. Diese dürfen sich jedoch einen verantwortlichen Stellvertreter substituiren, welcher aber auf dem betreffenden Grundstücke wohnen muss.

Ist die Desinfection und Entleerung einer im § 1. Absatz 1 gedachten Grube einem Unternehmer durch Vertrag dauernd übertragen worden, so ist dieser für die Befolgung der im § 1. Absatz 2 und § 3. getroffenen Bestimmungen auf die Dauer des Vertrages verantwortlich.

§ 5. Die in öffentlichen Strassen und Plätzen gelegenen offenen Gossen und Rinnsteine müssen täglich um 8 Uhr Morgens gereinigt und in einen gestankfreien Zustand gesetzt sein. Ausserordentliche Reinigungen jederzeit durch ihre Organe anzuordnen, bleibt der Königlichen Polizei-Direction bezw. den städtischen Polizei-Verwaltungen in Neustadt und Buckau vorbehalten.

Jeden Sonnabend zugleich mit der Strassenreinigung sind auch die sogenannten Lichtschachte an der Strasse zu reinigen.

§ 6. Alle zur Ableitung von Urin oder Schmutzwasser, sowie zur Abführung von Abfällen und dergleichen dienenden Rinnen, Privat-Canäle und deren Oeffnungen, alle Pissoirs, Kloaken, Düngerstellen, Dünger- und Abfallgruben, Lager- oder Sammelstellen für Knochen, Lumpen, trockene oder frische Häute oder dergleichen, sowie alle anderen zur Ansammlung von Abfällen bestimmten Einrichtungen sind dauernd in gestankfreien Zustande zu erhalten.

§ 7. Verantwortlich für die Befolgung der in den §§ 5 und 6 getroffenen Bestimmungen ist der Besitzer resp. der von einer öffentlichen Behörde bestellte Verwalter eines Grundstücks, sofern diese nicht einem in dem betreffenden Grundstücke wohnhaften Stellvertreter ihre Verpflichtung übertragen haben.

Ausser dem Besitzer resp. bestellten Verwalter des Grundstücks ist auch noch derjenige verantwortlich, welcher eine der in den §§ 1 und 6 gedachten Einrichtungen bezw. Lager- oder Sammelstelle inne hat.

Liegen die fraglichen Einrichtungen in öffentlichen Strassen, Wegen oder Plätzen, so trifft die Verantwortlichkeit den Besitzer oder bestellten Verwalter des an die Strasse, Weg oder Platz grenzenden Grundstücks. Von dieser Verantwortlichkeit befreit sind nur die Besitzer resp. die von öffentlichen Behörden bestellten Verwalter derjenigen Grundstücke, welche von solchen Strassentheilen begrenzt werden, deren Reinigung der Stadtgemeinde obliegt.

Zur Reinigung der Strassencanäl, ihrer Ein- und Ausflussöffnungen, sowie der sogenannten Schlamm-Bassins bleibt der betreffenden Stadtgemeinde verpflichtet.

§ 8. Soweit die Abführung von Excrementen durch die Strassencanäle zulässig ist, sind innerhalb der zur Benutzung für Menschen bestimmten Wohnungen nur solche die Aufnahme und Abführung von Excrementen bewirkende Bedürfnisanstalten gestattet, welche entweder mit jederzeit hinreichend gangbar zu haltender Wasserverschluss-Vorrichtung versehen, oder auf andere Weise so eingerichtet sind, dass sie die Abführung der Excremente unmittelbar nach deren Aufnahme bewirken, ohne üble Gerüche zu hinterlassen oder dergleichen Ausdünstungen zu verursachen.

Die zu den Closets führenden Wasserleitungen müssen so eingerichtet sein, dass sie im Gebrauchsfalle die Closettbecken in der gesamten Wandung unter vollen Leitungsdruck bespülen.

Ausser bei Reperaturen, welche ohne Verzug vorzunehmen sind, darf ein die jederzeitige Benutzung der Closetwasserspülung ausschliessendes, oder die gewöhnliche Druckkraft der letzteren beinträchtigendes, auch nur theilweises Abstellen der Wasserleitung nicht stattfinden.

Insofern jedoch bei strenger Kälte die Gefahr des Einfrierens eintritt, ist es gestattet, die zu den Closets führenden Leitungen während der Nachtzeit abzustellen.

§ 9. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen bezw. die Nichtbeachtung derselben werden mit Geldstrafe bis zu 30 Mark, im Unvermögensfalle mit entsprechender Haft bestraft.

Wer es unterlässt, den nach dieser Polizei-Verordnung ihm obliegenden Verpflichtungen nachzukommen, hat, abgesehen von der Bestrafung, die Herstellung bezw. Ausführung auf seine Kosten oder die Anwendung sonstiger Zwangsmittel zu gewärtigen.

Magdeburg

gez. Dr. v. Arnim

Königlicher Landrat und Polizeipräsident

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Abgestufte Bauordnung der Stadt Magdeburg 

aus: Deutsche Bauzeitung vom 16. Mai 1896

Durch den Erlass einer neuen Polizei-Verordnung vom 20. Januar d.J. ist Magdeburg in die Reihe derjenigen Städte eingetreten, welche die Nothwendigkeit einer Regelung der Bauverhältnisse in den Erweiterungs-Geländen durch Auferlegung gewisser Baubeschränkungen gegenüber den für die Altstadt giltigen Bestimmungen noch rechtzeitig anerkannt und damit eine der Lehren der öffentlichen Gesundheitspflege entsprechende bauliche Entwicklungsich für alle Zukunft gesichert haben.

Gerade für Magdeburg, das seinen bisherigen engeren Festungsgürtel erst vor wenigen Jahren wenigstens zum grösseren Theile endgiltig abzustreifen vermochte, bedeutete die Einführung der abgestuften Bauordnung eine nicht mehr von der Hand zu weisende Massnahme, von welcher man vielleicht bedauern konnte, dass sie nicht gleichzeitig mit der Aufhebung der Rayonbeschränkungen in die Wege zu leiten war. Ungeachtet eines mit dem Reichs-Militärfiskus abgeschlossenen Vertrages, wonach ein überfüssig gewordenes Festungsgelände, die Nordfront der Festung Magdeburg, von etwa 240 Morgen Grösse zum Kaufpreise von fast 14 Millionen Mark auf die Stadtgemeinde überging, fielen nämlich unerwartet, jedenfalls unvorbereitet, die bisher streng aufrecht erhaltenen Rayonbestimmungen, wodurch mit einem Male ein ausgedehntes minderwerthiges, weil den bekannten Bauvorschriften unterliegendes Gebiet zu werthvollen Bauland unmittelbar vor den Thoren der Altstadt umgeschaffen wurde. An und für sich zwar eine mit Freuden allerseits zu begrüssende Thatsache, für die Stadt nur insofern von bitterem Beigeschmack, als das soeben mit der Reichsbehörde eingegangene Kaufgeschäft sich unter solchen Umständen als eine schwere Belastung des städtischen Säckels erweisen musste - wie sich das denn auch weiterhin gründlich herausgestellt hat. Wie vorauszusehen, bemächtigte sich die Spekulation der fast über Nacht entstandenen Werthsteigerung des Grund und Bodens, dessen Preise theilweise zu unsinniger Höhe aufschnellten. Konnten doch da, wo bisher nur Baracken geduldet waren, Miethskasernen mit äusserster Ausnutzung des mit einem Schlage kostbar gewordenen Grundstücks errichtet werden, nach bekannten Muster der altstädtischen Bauweise, zur Freude der Erbauer, aber auch zur schweren Sorge des zweiten oder dritten Besitzers der von Hand zu Hand gehenden Kaufwaare und zum Leidwesen der in einem solchen Kasten zusammengepferchten Miether. Glücklicherweise hatte die Baupolizei-Ordnung für die Stadt Magdeburg vom 24. November 1893 bereits eine Beschränkung der Zahl der Wohngeschosse auf vier herbeigeführt, unter Bemessung des Hofraums auf ein Drittel - bei Eckhäusern auf ein Viertel der Gesamtfläche des Grundstücks - so das bei den thatsächlich schon im freien Felde in die Höhe schiessenden Gebäude mit allseitig umschlossenen Binnenhofe die Verhältnisse immer noch etwas erträglicher wurden, als in dem letzt bebauten Theile der altstädtischen Erweiterung mit fünf oder sogar noch mehr Geschossen. Es lag aber ersichtlich Gefahr im Verzuge, wenn nicht schwere Schädigungen für die Stadt auf wirthschaftlichen und gesundheitlichen Gebiete daraus entstehen sollten.

Der Niedergang der Bauthätigkeit in den letzten Jahren liess übrigens von selbst solche Spekulationsbauten im Aussengelände nur in verhältnismässig bescheidener Zahl auftreten und damit konnte Zeit und Musse gewonnen werden, an die Lösung der gerade für Magdeburg besonders verzwickt gewordenen Fragen einer offenen oder weniger dichten Bauweise zu schreiten. Nachdem seinerzeit bei Gelegenheit der Aufhebung der Rayons die richtigste Zeit, wie ohne weiteres anerkannt werden muss, verpasst wurde und zwar ohne Schuld der städtischen Behörden, war es jetzt eine gebieterische Pflicht derselben geworden, nachträglich die bessernde Hand anzulegen. Eine schwierige, verantwortliche Aufgabe musste durchgeführt werden und man durfte auch nicht länger damit warten, da mit jedem Jahre weiteren Aufschubs des unvermeidlichen Einschneiden in die Besitzverhältnisse um so schmerzlicher empfunden werden musste, vielleicht ganz unmöglich geworden wäre.

Die bekannten Verhandlungen des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege und die Anregungen des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine gaben schliesslich dem Magistrate der Stadt Magdeburg zur Eröffnung der Berathungen Anlass, die nach etwa zweijähriger Thätigkeit in zahlreichen Ausschuss-Sitzungen zu allseitiger Zufriedenheit jetzt erledigt werden konnten.

Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes für alle grösseren Städte, namentlich aber bei besonderen Verhältnissen, denen man in Magdeburg Rechnung zu tragen hatte, dürfte eine Mittheilung über die hier gefundene Lösung ein weiteres Interesse verdienen. Wenn schon eine solche abgestufte Bauordnung nur in sorgfältigster Erwägung der örtlichen Beziehungen erlassen werden kann, somit in jedem Falle anderweitige Gesichtspunkte inbetracht kommen, so ist doch nicht ausgeschlössen, dass gerade für Städte mit einer Vorstadt-Bebauung wie in Magdeburg wünschenswerthe Anhaltspunkte gefunden werden möchten zur Klärung der eigenen Fragen. Auf kaum einen anderen Gebiete städtischer Angelegenheiten wird man in der Lage sein, die naturgemäss im Schosse der städtischen Vertretung sich geltend machenden Bedenken gegen die Auferlegung von Beschränkungen der Eigenthums-Verhältnisse nur durch den Hinweis darauf beschwichtigen zu können: "So hat man es in anderen Städten ausgeführt!"

In dem beifolgenden Uebersichtsplan für die Bebauung der Stadt Magdeburg sind die verschiedenen Baudichtigkeiten wie auch die Zonengebiete durch verschiedenartige Schraffirung kenntlich gemacht, derart, dass man mit einem Blick das um dichtesten altstädtischen Kern sich nach Aussen gruppirende und in seiner Ausnutzung mehr oder weniger beschränkte Baugelände im Vergleich ziehen kann. Von einem peripherischen Anschliessen von Zonen gleicher Baudichtigkeit wird nur in den seltensten Fällen die Rede sein. In Magdeburg liegt aber wenigstens der überaus günstige Umstand vor, dass nach Aufgabe des die Altstadt eng umschliessenden Befestigungsgürtels das frei gewordene Gelände im Süden und Westen der Bebauung entzogen bleibt; nur im Norden schliesst sich, wie aus dem Plan zu ersehen, die sogenannte Nordfront an Übersichtsplan zur abgestuften Bauordnung (Archiv Chronik)und stellt den Zusammenhang des alten Magdeburg mit dem Vorstadtgebiete der Neustadt her. Im Osten befindet sich das mächtige Werdergelände zwischen der Strom- und der Alten Elbe, das nur in der Mitte an der Citadelle und nördlich von derselben im Kleinen und Grossen Werder verhältnissmässig gering bebaut ist. Südlich der Citadelle breitet sich der prächtige Rotehorn-Park aus, der zwar noch im Entstehen begriffenist, aber jetzt schon erkennen lässt, das man es mit einer Stadtpark-Anlage ersten Ranges zu thun hat, von einer Ausdehnung und landschaftlichen Schönheit zwischen beiden Elbarmen belegen, wie nur wenige Grosstaädte sich beneidenswerthen Besitzes einer ausgiebigen Luftquelle und Erholungsstätte rühmen können.

Anschliessend an diese die alte Stadt einschliessende Zone parkmässigen Geländes, im Westen und Süden also des ehemaligen Festungsglacis, ist nun, soweit irgend noch angängig, ein möglichst zusammenhängender Ring offener Bebauung angeordnet, der sich im Nordwesten zu einem sogar recht ausgedehnten Gelände zwischen Wilhelmstadt und Neustadt erweitert und damit für alle Zeit den Luftzutritt von der vorzugsweise herrschenden Windrichtung zur Altstadt sicher stellt.

Wie hieraus hervorgeht, legt sich abgesehen von der nördlichen Stadterweiterung die weniger dichte Bebauung der westlichen und südlichen Vorstädte erst in durchschnittlich 1/2 - 3/4 km Abstand um die Altstadt herum, indem nur unmittelbar vor den jetzt fallenden alten Festungsthoren ein Durchdringen der offenen Bebauung mit BauwichIm Baurecht die Abstandsfläche die zwischen Grundstücken liegt und nicht bebaut werden darf. keilförmig stattfindet. Eine günstigere Gestaltung der Verhältnisse für die Gewährleistung der gesundheitlichen Zustände des am dichtesten bebauten inneren Kernes einer bisher so eingeschränkt gebliebenen grossen Stadt wird sich hiernach kaum denken lassen! In dieser Beziehung werden Festungen, an welche das Erweiterungsbedürfnis, sei es aus militärischen oder sonstigen zwingenden Gründen harantritt, stets vor offenen Städten einen Vorzug haben, da auf andere Weise eine von jeder Bebauung freie Zone nicht aufrecht zu erhalten wäre.

Von dem eigentlichen Gebiete der Altstadt gehen Radialen nach allen Seiten aus, in der Richtung der Haupt-Verkehrsstrassen der Vorstädte, an welchen sich von jeher eine städtische Bebauung angesiedelt hatte. Eine Baubeschränkung, die sich sonst auf das ganze Aussengelände erstreckt, auch hier aufzuerlegen, würde zu unnöthigen Härten geführt haben, die umsomehr vermieden werden mussten, als diese alten "Heerstrassenzüge" bereits zumtheil mit mehrgeschossigen Gebäuden, abgesehen von den erst kürzlich von der Rayonlast befreiten Grundstücken, bestanden sind. Demzufolge ist die altstädtische Bebauung, ähnlich wie das auch für Köln a. Rh. vorgesehen ist, für einen längs dieser alten historischen Strassen sich hinziehenden beiderseitigen Streifen von je 40 m Tiefe noch als zulässig anerkannt worden, ein Maass, welches nach hiesigen Erfahrungen für die Errichtung eines Wohngebäudes nach üblichen Schema mit allem für eine sog. "herrschaftliche" Wohnung erforderlichen Zubehör im Seitenflügel ausreicht. Zu einer solchen Konzession musste man sich verstehen, um bei Berathung der vielfach auf Widerstreben stossenden Angelegenheit im Schoosse der städtischen Behörden eine möglichst einmüthige Zustimmung zu erzielen, wie sie schliesslich thatsächlich erlangt werden konnte.

Das diese Vorstadtstrassen bei aller sonstigen Bau-Beschränkung im Aussengelände nach wie vor das alte Aussehen bewahren, und Miethskaseren mit äusserster zulässiger Ausnutzung des Baulandes bis zu 40m Tiefe hinter der Baufront wohl fast durchweg hier entstehen werden, wird dabei in Kauf genommen werden müssen. Erst jenseits der Streifen mit altstädtischer Bebauung kann also die Wirkung der abgestuften Bauordnung Platz greifen, welche in vertikaler Beziehung nur noch Gebäude von 16m Höhe mit nur drei über einander befindlichen Wohngeschossen kennt, - und das zwar auch für die Bebauung mit Bauwich, welche somit als eine "villenartige" kaum wird bezeichnet werden dürfen. Uebrigens ist noch die Ausbauung eines Theiles des Kellergeschosses und des Daches gestattet, sofern den sonst baupolizeilich zu stellenden Anforderungen genügt wir, um eine kleine Wohnung von nicht über 100qm lichter Grundfläche der Räume - für einen Pförtner, Kutscher, Dienstmann und dgl. - anordnen zu können.

Hinsichtlich der Fläschen-Ausnutzung unterscheiden die Bestimmungen der neuen Polizei-Verordnung für die Aussenbezirke Magdeburgs zwei Zonen weniger dichter, aber geschlossener Bebauung, ausser der Zone der geöffneten Bauweise, d. h. mit Bauwich.

Von den beiden ersteren Bauzonen umfast die eine diejenigen Grundstücke, für welche eine Bemessung der Höfe wie für die Altstadt als zulässig erachtet wird. Dagegen gilt für die zweite Zone die Bestimmung, dass die Hälfte des Grundstücks mit Baulichkeiten nicht besetzt werden darf.

Hierin ist wohl allgemein ein Mittel gefunden, sich den Verhältnissen der vorhandenen vorstädtischen Bebauung nach Möglichkeit anzuschmiegen, vorausgesetzt natürlich, dass die Zonenbegrenzung durchweg in sorgfältigster Berücksichtigung der örtlichen Zustände, der vorhandenen Grundstücks-Bebauung und der biher ersessenen Bewerthung erwogen wird. Bekanntlich liegt ja hierin die grösste Schwierigkeit für die Einführung einer abgestuften Bauordnung in bereits mit einer Bebauung versehenen Geländen. Gerade bei den volkreichen Vorstädten Magdeburgs musste behufs Einführung von Baubeschränkungen, welche naturgemäss die Grundstückswerthe erheblich zu beeinflussen geeignet sind, mit besonderer Vorsicht verfahren werden, wenn bei den städtischen Vertretern, denen die Begutachtung der neuen Bauordnung von der Polizeiverwaltung - in Magdeburg städtisch mit dem Oberbürgermeister an der Spitze - anheimgestellt war, überhaupt etwas erreicht werden sollte.

Es ist nun doch als dritte Zone die Bebauung mit Bauwich hinzugefügt, für welche nach Lage der Verhältnisse nur diejenigen Gelände inbetracht kommen, die nach ihrer bisherigen Benutzung als Wiesen-, Garten- oder Ackerland gar nicht oder nur wenig Baulichkeiten besetzt sind, die Aufschliessung zu Bauzwecken noch harren, also durch die Bestimmung des Gebäude-Abstandes und sonstige Beschränkungen der "offenen" Bauweise verhältnissmässig am wenigsten geschädigt werden können. Unzulässig sind hier Fabriken, Werkstätten mit geräuschvollem feuergefährlichen Betrieb oder sonstige durch Entwicklung von Rauch, Russ, Geruch und Ausdünstungen lästig fallende gewerbliche Anlagen. Jedes Gebäude muss von der Nachbargrenze mindestens 5m entfernt bleiben und mindestens 10m Abstand von dem nächsten Gebäude haben; da die Anordnung von Wohnräumen mit Fenstern nach dem Bauwich als ein wesentlicher Vorzug dieser Art freierer Bebauung wird erachtet werden müssen, sollte das auch in der Magdeburger Bauordnung vorgeschriebene Maass von 10m allgemein nicht unterschritten werden!

Den Erschwernissen des Bauens in dieser Zone stehen wesentliche Erleichterungen gegenüber, die sich auf die bauliche Herstellung von Wohngebäuden hinsichtlich Konstruktion der Aussenwände, Balken tragenden Innenwände, Treppen usw., namentlich auch der Ausnutzung von Grundstücken grösserer Tiefe durch Errichtung selbständiger hinterer Wohngebäude beziehen, welche letzteren in der geschlossenen Bauweise nur innerhalb der ersten 50m hinter der Bauflucht gestattet sind.

Das bei aller Fürsorge für die Sicherung des gesunden behaglichen Wohnens in einer Handels- und Industriestadt von dem Range Magdeburgs die wichtigsten sonstigen Lebensinteressen derselben nicht ausser Acht bleiben durften, versteht sich von selbst und so ist denn noch eine vierte Bauzone vorgesehen für fabrikmässige Bebauung. In den für Wasser- und Eisenbahn-Anschluss besonders günstig gelegenen Geländen werden für die Errichtung von Fabrik-Anlagen, Speichern und dergl. Vergünstigungen gewährt, die für die übrigen Bezirke, abgesehen übrigens von der Erweiterung vorhandenener Fabrik-Ansiedlungen, fortfallen. Damit wird bezweckt, industrielle Anlagen, die für die Wohnviertel eine Annehmlichkeit nicht bilden, in bestimmten Gegenden zu vereinen, wo man ihnen aber jede mögliche Förderung zu ihrer Entwicklung angedeihen lassen soll.

Das ganze Stadtgebiet von Magdeburg umfasst 5708 ha, wovon nur 1723 ha vorläufig im Bebauungsplane berücksichtigt sind.

Auf die Altstadt Magdeburg, die sich bis zum Jahre 1871, also so viele Jahrhunderte hindurch, mit ihrem engen Raume innerhalb der alten Umwallung begnügen musste, entfallen etwa 300 ha. Im Verhältnis zur dichtesten Bebauung der Altstadt stellt sich die Fläche der für weniger dichte Bebauung bestimmten Bauzone zu 2,43, derjenigen der offenen Bauweise zu 1,13, endlich der fabrikmässigen Bebauung zu 0,94 heraus, wenn man das Gebiet, für welches die altstädzische Bauordnung einschliesslich der Radialen noch gilt, als Einheit zugrunde legt.

Das Beispiel von Magdeburg zeigt, dass die Einführung einer abgestuften Bauordnung selbst für alte Städte mit so verzwickten Verhältnissen, wie sie sich eben nur in Festungen mit plötzlicher Erweiterung herauszubilden imstande sind, sehr wohl angängig erscheint und dass die Segnungen einer vernünftigen gesundheitsmässigen Regelung der Bebauung von Aussengeländen anwachsender Stadtgebiete immer noch für die Zukunft sichergestellt werden können, sofern man sich nur trotz aller scheinbar unüberwindlichen Schwierigkeiten noch im rechten Augenblick dazu entschliessen kann.

Peters

(Stadtbaurat)

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